Spiele-Test

"Days Gone Remastered" ist deine große, zweite Chance

Das vor sechs Jahren erschienene "Days Gone" war ein regelrechter Fan-Hit, doch rund lief es für das Game nicht. Nun soll es das Remaster richten.
Rene Findenig
29.04.2025, 21:38

"Days Gone" aus dem Jahr 2019 für PlayStation 4 war wohl eines der besten Spiele, dass Zocker trotzdem nicht gespielt haben. Warum, das weiß irgendwie bis heute niemand so genau. Das Action-Adventure rund um Biker und Zombies lief technisch sauber, begeisterte Spieler und Fachmedien gleichermaßen und unterhielt auch erzählerisch fantastisch. Doch bis heute lässt sich um das Drumherum des ursprünglichen Spiels rätseln: Die Verkaufszahlen sollen regelrecht fantastisch gewesen sein, dennoch wurden sie nie öffentlich gemacht – und eine von Fans heiß erwartete Fortsetzung wurde zwar geplant, aber nie in Angriff genommen. Mit "Days Gone Remastered" für Playstation 5 und PC gibt es aber jetzt eine zweite Chance für alle.

Spielerisch und erzählerisch handelt es sich um das doch deutlich aufgehübschte Original, das aber einige Neuerungen spendiert bekommen hat. So wird nun das haptische Feedback des DualSense-Controllers unterstützt, es gibt zahlreiche Barrierefreiheitsfunktionen und der Fotomodus wurde aufgemotzt. Außerdem darf man sich über drei neue Spielmodi freuen. Im Hordenangriff müssen sich Spieler so lange wie möglich gegen immer größer werdende Gruppen an Zombies, im Spiel "Freaker" genannt, behaupten – und dürfen dabei den neuen Flammenwerfer nutzen. Der Permatod-Modus ist der Story-Modus nach nur einem Spiel-Tod zu Ende und muss ganz neu gestartet werden. Der Speedrun-Modus wird seinem Namen gerecht.

Handlung wirkt anfangs gehetzt und Gameplay zieht sich

Alles nette Dreingaben, aber das Herzstück ist natürlich der alte und neue Story-Modus. In einer etwas hektischen Videosequenz landet man beim Start des Spiels als Protogonist und Mitglied einer Biker-Gang mitten im Ausbruch einer Seuche, die Menschen zu Monster macht. Und schon verliert unser späterer Held Deacon St. John seine schwerverletzte Liebe des Lebens aus den Augen, verzichtet auf die eigene Rettung, um seinen besten Freund zu retten, und rast nach einer Blende zwei Jahre später einem Flüchtigem auf seinem Motorrad nach. Ja, mit Erklärungen und Details gibt sich "Days Gone" anfangs nicht ab, obwohl etwas mehr Ruhe doch angebracht gewesen wäre. Zumindest, um sich mal die Namen der Figuren merken zu können.

Egal, denn mit einer Spieldauer von 50 bis 60 Stunden, bis alles erledigt ist, hat man fortan noch genug Zeit, sich in die Rolle des Bikers Deacon St. John zu versetzen, der die vielen Monate nach der Anfangsszene noch immer an der Seite seines Kumpels Boozer quer durchs Land unterwegs ist. Beim mutmaßlichen Tod seiner Frau blieben viele Fragen offen, was eigentlich in der Welt los ist, darüber wird sich auch lange Zeit ausgeschwiegen. Deacon ist eben kein allzu gesprächiger Kerl, Eindruck macht da eher die offene und bildhübsche Spielwelt von "Days Gone". Unnötige Längen zeigt aber auch das Gameplay zum Start, denn Spieler müssen sich durch einige Videosequenzen und ein bisschen Tutorial-Knöpfchendrücken durchkämpfen.

Ein Spiel, das zwischen gut und großartig schwankt

Nach mehreren Spielminuten erlebt man dann, was einem das restliche Game erwartet und wie in der beinahe ausgelöschten Welt eine schöne, aber auch gefährliche Wildnis entstanden ist. In dieser suchen Überlebende in kleinen Siedlungen Schutz vor den Freakern – allesfressende und aggressive Zombies –, die einst Menschen waren. Nur nicht Deacon und Boozer, sie streifen mit ihren Bikes durchs Land, statt sich hinter Mauern zu verschanzen. Dabei bietet "Days Gone" Momente, die sich als großartiger Mix aus "The Walking Dead" und "The Last of Us" zeigen. Blickt man auf eine riesige Freaker-Gruppe herab, ist das ziemlich beeindruckend. Muss man wiederum zum x-ten Mal Gegenstände einsammeln, wird das mit der Zeit eintönig.

Leider leidet "Days Gone" neben der soliden und spannenden Hauptgeschichte unter solchen sich wiederholenden Nebenaufgaben. Nicht der einzige Aspekt, bei dem "Days Gone" zwischen gut und großartig schwankt. So sind die Sprachausgaben wirklich gut getroffen und vor allem Deacon weiß sich mit seiner rauen und doch netten Art sofort in unser Herz zu reden. Dann aber scheint der Protagonist von tragischen Todesfällen stimmlich fast eingeschläfert zu werden, kommentiert sich wiederum in Schleichmissionen lautstark und überdramatisch selbst. Wirklich gut gelungen ist in "Days Gone" alles, was mit dem Fahren und Upgraden des eigenen Motorrads und dem Kämpfen gegen Freaker, aber auch Menschen, zu tun hat.

Geheimes Ende mit einem fantastischen Plot-Twist

Muss man anfangs auf ein verrostetes Bike zurückgreifen, kann man dieses mit Teilen aufrüsten, die man durch Missionen und Nebenaufgaben erspielt. Das großartige Fahrgefühl ändert sich mit beinahe jedem Upgrade, seien es Stoßdämpfer, ein Zusatztank oder eine Nitro-Einspritzung, spürbar. "Days Gone" gibt selbst kaum Wege vor: Befahren kann werden, was man findet, etwa Straßen, Schotterwege oder Waldgebiete. In der Story selbst wird das Thema "Biker" jedoch etwas überstrapaziert, vor allem in den Rückblenden, die Deacon mit seiner Frau zeigen. Sie tragen wenig zur Handlung bei und Emotionen wollen sich oft auch nicht einstellen. Vielmehr wirken sie wie Ausschnitte aus einer Teenie-Serie, mit gekünstelt ernsten Figuren.

Mehr Eindruck machen da die Monologe, die Deacon über seine mutmaßlich tote Frau führt und die den Spieler den Schmerz der Hauptfigur nach und nach verstehen lassen. Beeindruckend ist auch der Gesamtbogen der Handlung. In der ersten Hälfte des Spiels erlebt man einen Mann, der nach dem Sinn sucht, in einer solchen Welt überhaupt noch leben zu wollen. Später zeigen neue Bekanntschaften, Bedrohungen und Bündnisse, dass es mehr im Leben gibt, als nur überleben zu wollen. Überzeugen kann "Days Gone" auch mit den Nebenfiguren, die von durchgeknallt bis brandgefährlich reichen. Übrigens: Ein geheimes Ende hält für euch einen der besten Plot-Twists der Spielewelt parat! Es lohnt sich also, das Game komplett durchzuzocken.

Viel spielerische Freiheit, aber eher dumme Feinde

Während man bei den Freakern eine wilde Masse aus Körpern ohne Persönlichkeit erwartet, bieten die menschlich gebliebenen Feinde nicht viel mehr. Die meisten (lebenden) Gegner werden als Mitglieder eines wahnsinnig gewordenen Kults vorgestellt, bleiben dann aber farblos und zeigen kaum Motive, warum sie andere Menschen quälen müssen. Perfekt umgesetzt wurde jedoch das Gameplay: "Days Gone" lässt Spieler die Freiheit, den Kampf zu suchen oder meist auch Aufgaben schleichend zu bewältigen. Ob man etwa Außenposten der Feinde mit Waffengewalt stürmt, sich hineinschleicht oder Freaker mit Geräten wie Ködern anlockt, um sie die Arbeit erledigen zu lassen, bleibt dem eigenen Geschmack überlassen.

Generell ist Schleichen in "Days Gone" die bessere Vorgehensweise. Feinde bewegen sich in Mustern und die Wildnis bietet mit Gräsern, Bäumen und Sträuchern Deckung. Etwas kurios: Ausgeschaltete Gegner kann man weder tragen noch verstecken – so gut wie nie wird allerdings ein anderer Gegner den Körper finden, da sich ihre Wege kaum kreuzen. Und die KI der Feinde verzeiht im Spiel etwas viel. Solange man nicht direkt durch das Sichtfeld eines Feindes spaziert, werden sie selten alarmiert werden, auch wenn es eine Geräuschmechanik beim Laufen und Schleichen gibt. Einzelne Gegner stellen aber selbst im Kampf keine Gefahr dar. Schießt man auf sie, stecken sie wenig ein und zielen selbst sogar noch schlechter.

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Großes und spannend einzusetzendes Waffen-Arsenal

Groß ist das Waffenarsenal. Im Nahkampf kann man mit gefundenen oder selbstgebastelten Messern, Planken oder Baseballschlägern attackieren – dabei bleibt genug Zeit, gegnerischen Angriffen per Tastendruck auszuweichen. Komplexer wird es im Kampf nie, aber die Waffen spielen sich sensationell. Ob Armbrust, Pistolen, Gewehre oder Prügel, Granaten, Molotovs und Bomben, das Arsenal ist so groß wie abwechslungsreich. Schwierig bis unmöglich wird der Kampf dann, wenn es gegen die Horden geht. Die aus Dutzenden bis Hunderten Freakern bestehenden Gruppen und die Kämpfe gegen sie sind das, was von "Days Gone" im Gedächtnis bleibt. Ihre schiere, oft bildschirmfüllende Masse aus Klauen, Zähnen und toten Augen gruselt.

Selbst am Bike, mit dem man sich sonst flott durch die Spielwelt bewegt, kann man kaum fliehen – sondern muss Abgründe, Fallen und schiere Waffengewalt nutzen. Dazu kommen ausführliche Fähigkeitenbäume, die das Leben in der Wildnis erleichtern. Diese reichen von mehr Tragekapazitäten, Zeitlupefunktionen in Kämpfen oder mehr Sammelmengen. Auch das Bike lässt sich mit größerem Tank, mehr Leistung oder besseren Reifen aufmotzen. Waffen und Gegenstände wiederum bastelt man über ein "Far Cry"-ähnliches Waffenrad mit gesammelten Materialien. Sammeln wird man übrigens ständig, denn es gibt immer etwas herzustellen, nachzurüsten und zu reparieren – was auch Deacon im Spiel mit "Schon wieder?" kommentiert.

Bei aller Kritik ein großartig, eine verdiente zweite Chance

Grafisch bewegt sich "Days Gone" auf höchstem Niveau. Die Welt ist abwechslungsreich und dabei immer gestochen scharf sowie detailliert. Das Spiel läuft äußerst flüssig, die Weitsicht in der offenen Welt ist enorm. Besonders die Bewegungen der Figuren und Freaker wirken ebenso realistisch wie das Fahren mit dem Bike. Wechselndes Wetter sowie Tag-Nacht-Zyklen und Szenen von zerbröckelnden Straßen bis hin zu schneebedeckten Bergen üben eine Faszination aus. "Days Gone Remastered" hebt das noch einmal auf ein neues Level und schenkt uns schönere Schatten- und Lichteffekte, noch bessere Weitsicht, zwei Wiedergabe-Modi (Leistung oder Optik) und obendrauf noch sensationelle Klänge dank Tempest-3D-Audio-Technologie.

"Days Gone Remastered" sorgt im "Heute"-Test zwar für viel Kritik, das soll die Qualität des großartigen Action-Adventures aber nicht schmälern. Ja, die lästigen Sammelaufgaben trüben das eigentliche Erlebnis etwas. Doch die Geschichte um eine unbarmherzige Welt, in der Freundschaft, Liebe und Überlebenswille erhalten bleiben sollen, fasziniert – und das Gameplay macht mächtig Laune. Wer einer riesigen Freaker-Horde gegenübersteht oder mit dem Bike durch das Land jagt, erkennt, welch großartigen Momente "Days Gone" zu bieten hat. Wer das alles beim ersten Mal ausgelassen hat, bekommt nun eine neue und noch bessere Chance, eines der besten Games zu spielen, das die PlayStation-4-Ära jemals hervorgebracht hat.

{title && {title} } rfi, {title && {title} } 29.04.2025, 21:38
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