Am Mittwoch musste sich ein Kärntner Verwaltungsbediensteter (63) am Klagenfurter Landesgericht verantworten, da er Geldstrafen um die Hälfte reduziert haben soll, wenn die Betroffenen sofort einen Rechtsmittelverzicht unterschreiben.
Auf die Praktik des Beamten haben drei Aktivisten der "Letzten Generation" – zwei Kärntnerinnen und ein Steirer – aufmerksam gemacht. Die Demonstranten klebten sich im September 2023 in Klagenfurt auf einem Zebrastreifen fest. Infolgedessen wurden sie angezeigt und kassierten Verwaltungsstrafen in der Höhe von 500 Euro plus einer Gebühr von 50 Euro.
Da sie Einspruch gegen die Strafe einlegten, seien die Klimakleber zum Gespräch am Magistrat vorgeladen worden. Wie die "Kleine Zeitung" unter Berufung auf eine der Demonstrantinnen berichtete, habe der Beamte der Beschuldigten sofort angeboten, die Strafe auf 220 Euro heruntersetzen, wenn sie einen Rechtsmittelverzicht unterschreibe. Damit hätte sie keine Möglichkeit mehr gehabt, die Strafe zu beeinspruchen.
Zudem soll der 63-Jährige der Studentin gedroht haben. Sie würde sich verschulden, sollte sie nicht unterschreiben, sagte die Aktivistin. "Und er hat uns eingeschüchtert und gesagt, wir seien dumm und er kenne Leute beim Landesverwaltungsgericht. Die würden die Sache einschätzen, wie er und uns fertig machen", betonte die zweite Klimaaktivistin.
Der dritte Klimakleber wurde aus der Verwaltungshaft in Graz zum Prozess gebracht. Aktuell sitzt der Steirer eine mehrtägige Strafe ab. Auch ihm habe der Beamte dasselbe Angebot unterbreitet. Der Klimakleber zog allerdings vors Landesverwaltungsgericht. Dort wurde entschieden, dass die Strafe nicht rechtens sei, da die Demo unter das Versammlungsrecht falle, berichtet die "Kleine Zeitung".
Die Aussage des 63-Jährigen unterschieden sich stark von jenen der Zeugen. Er habe den Klimaklebern nicht gesagt, dass sie unterschreiben müssen. Er habe ihnen lediglich ihre Möglichkeiten aufzeigen wollen. Zudem meinte der Mann, dass so ein Angebot gängige Praxis in der Behörde gewesen sei.
Erst im November 2024 – nachdem der Beamte angezeigt wurde – erging eine Dienstanweisung, dass "nicht mehr so" gehandelt werden möge. Weil nach seiner Erkrankung "Berge von Akten" angefallen seien, die er habe abarbeiten müssen, habe der Beschuldigte von den Gesprächen mit den Aktivisten auch keine Niederschriften erstellt.
Schlussendlich wurde der 63-Jährige vom Schöffengericht wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Monaten bedingter Haft verurteilt. In der Urteilsbegründung sagte Richterin Claudia Bandion-Ortner, dass es in einem Verwaltungsstrafverfahren "keine Prozessvereinbarung", wie der Beamte sie praktiziert hätte, gebe. Der erfahrene Mitarbeiter hätte gewusst, dass das im Gesetz nicht so vorgesehen ist, meinte die Richterin.
Zudem habe der Mann einen Vorteil von seinem Vorgehen gehabt. "Man tut sich leichter, ein rechtskräftiges Erkenntnis auszufertigen, als eines, das bekämpft werden kann. Sie wollten das Verfahren schnell loswerden, aber das geht halt nicht", fasste Bandion-Ortner zusammen. Da der Angeklagte drei Tage Bedenkzeit erbat, ist das Urteil nicht rechtskräftig.