Ein spektakulärer Betrugsfall in Millionenhöhe konnte nun aufgeklärt werden: Mit Stolz präsentierte die "Rip-Deal Unit Vienna" – wegen ihres legendären Chefermittlers auch "Gruppe Goldnagl" genannt – am Donnerstagvormittag die Ergebnisse jahrelanger Ermittlungen, die von Salzburg über Malaga und Paris bis nach Portugal und am Ende zum Europol-Fahndungsaufruf nach einem richtig "dicken Fisch" der Clan-Kriminalität führten.
Alles begann mit einem Industriellen aus Salzburg, der im Jahr 2022 per Crowdfunding Investoren für eine geplante Expansion seines Immobiliengeschäfts nach Wien gesucht hatte. Auf die Annonce meldete sich ein Herr "Raphael Bacher" – ein angeblicher Spross einer israelisch-luxemburgischen Familie und vorgeblich sehr vermögend.
Der österreichische Geschäftsmann wurde vom Mann mit korpulenter Statur und der offenbar locker sitzenden Geldbörse nach Malaga eingeladen. Dort wurde dem Industriellen dann bei einem Treffen in Aussicht gestellt, 80 Millionen Euro an Investitionen zu erhalten. Was er nicht wusste: Sein Gegenüber hieß gar nicht Bacher, sondern eigentlich Dzimi Jovanovic. Der 37-jährige Serbe ist mutmaßlich der Boss einer international operierenden Roma-Bande aus Frankreich.
Vor Ort einigte man sich auf einen Deal und traf sich in Paris nochmal in einem Nobelrestaurant. Dort kam neben "Herrn Bacher" auch dessen angeblicher Neffe "Daniele" zum Tisch, der vorgab, ein IT-Spezialist zu sein. Das Millionengeschäft sollte in der Kryptowährung Bitcoin vollendet werden, erklärte man dem Industriellen.
Dem Opfer wurde dann ein Wallet am Handy eingerichtet, "dabei muss mit einer Kamera der Anmeldungsprozess gefilmt worden sein, bei dem ein bestimmter individueller Code auf dem Bildschirm aufscheint", so die Ermittler. Telefonisch wurde das Opfer später angewiesen, als Nachweis das Wallet mit zehn Prozent der ersten Tranche der Investition (als Sicherheit) zu beladen. Die geforderten 815.000 Euro waren damals der Gegenwert von 40 Bitcoins, die der Österreicher erwarb und dem mutmaßlichen Betrüger-Boss telefonisch Bescheid gab.
Was ist ein Rip-Deal?
Bei einem Rip-Deal wird dem Opfer vorgegaukelt, man sei am Erwerb hochpreisiger Gegenstände interessiert, die es zuvor im Internet inseriert hat. Dabei handelt es sich um klassische Luxusgüter – angefangen bei der goldenen Rolex, bis hin zu hochpreisigen Fahrzeugen, Immobilien, Kryptowährungen und Yachten. Aber nicht nur Gegenstände, auch vermeintliche Geschäfte miteinander sollen die Opfer anlocken.
Die Tätergruppe agiert immer gleich: Die Opfer werden zu teuren Auslandsreisen eingeladen und dabei hofiert. Am Flughafen stehen in der Regel Luxusfahrzeuge inklusive Chauffeur bereit. Anschließend werfen die Täter mit dem Geld um sich, um das Vertrauen zu gewinnen. Beim Deal kommt es dann zum Betrug: Die Opfer werden abgelenkt, bekommen nur Falschgeld und die Täter flüchten mit der wertvollen Beute.
Wenige Sekunden genügten dem 37-jährigen Serben dann offenbar, um das Geld für immer auf ein anderes Konto verschwinden zu lassen – das gesamte Geld war somit weg. Nach aktuellem Kurs der Kryptowährung wären das heute rund 3,7 Millionen Euro. Das verzweifelte Opfer ging zur Polizei Salzburg, die in weiterer Folge die Wiener Spezialisten-Gruppe kontaktierte. Über einen ungeklärten portugiesischen Fall stellte die "Rip-Deal Unit Vienna" dann die Verbindung zu einem Clan aus Frankreich her, der auch Zweigstellen in Österreich und Deutschland betreibt.
Dzimi Jovanovic – auch für seine Vorliebe für gutes Essen bekannt – wurde als Täter identifiziert. Für sachdienliche Hinweise zum Ergreifen des untergetauchten Kopfes der Bande führen, wurde vom "Verein der Freunde der Wiener Polizei" 3.000 Euro an Belohnung ausgelobt.
"Der Rip-Deal ist die Königsdisziplin des Betrugs", brachte es Chefinspektor Gerald Goldnagl beim Hintergrundgespräch vor Journalisten zum spektakulären Fall auf den Punkt. Seine Gruppe übernehme auch Analyse und Beratungen ausländischer Ermittlergruppen und konnte dabei helfen, bereits 180 Tatverdächtige auszuforschen.
Seit der Gründung vor fünf Jahren seien die Spezialisten europaweit federführend im Bereich der Betrugsbekämpfung und sind über die Grenzen Österreichs für ihre hohe Aufklärungsrate von fast 80 Prozent bekannt. Nun soll der nächste Verdächtige gefasst werden. Hinweise an das LKA Wien werden unter der Nummer 01 3131062510 erbeten.