Der Klimawandel ist weder neu, noch eine abstrakte Bedrohung, sondern mittlerweile sehr konkrete Realität – sichtbar im Frühling, der früher beginnt, spürbar während Hitzewellen, die länger dauern und erlebbar während Extremwetterereignissen, die in Österreich längst keine Seltenheit mehr sind. Dr. Robert Müllegger Abteilungsvorstand der Klinischen Abteilung für Dermatologie und Venerologie am Universitätsklinikum Wiener Neustadt hat die dermatologischen Folgen des Klimawandels festgehalten.
Die Auswirkungen der Klimakrise auf die Hautgesundheit sind vielfältig. Höhere Temperaturen, zunehmende UV-Belastung, schlechtere Luftqualität und neue Krankheitserreger wirken unmittelbar auf das größte Organ des Körpers. Diese Wechselwirkungen betreffen nicht nur ältere oder chronisch kranke Menschen, sondern auch Kinder und gesunde Erwachsene.
Die Haut ist mit einer Fläche von 1,5 bis 2 Quadratmetern (beim Erwachsenen) das größte Organ des menschlichen Körpers. Sie erfüllt als Grenzorgan zur Umwelt viele wichtige Aufgaben, u. a. Schutzfunktionen gegen physikalische und chemische Stoffe und Krankheitserreger, Sinneswahrnehmung, Ausscheidung und soziale Interaktion.
Ein zentraler Punkt ist die zunehmende UV-Strahlung, vor allem während längerer Schönwetterperioden. UVStrahlung durch intensivere Sonnenexposition erzeugt kurz- und langfristige Probleme wie Sonnenbrand, diverse Formen von Hautkrebs, Verschlechterung von Hautkrankheiten, Hautalterung und Hyperpigmentierungen (Altersflecken, Sonnenflecken). Zu viel Sonneneinstrahlung trocknet die Haut aus und schädigt ihre Barrierefunktion, Wasser kann schlechter gespeichert werden, es kommt zu Jucken, Schuppung und Rötungen.
Zusätzlich begünstigt der Klimawandel die Ausbreitung tropischer Mückenarten oder Zecken, die Hautinfektionen und andere Erkrankungen übertragen können. Veränderte Feuchtigkeits- und Temperaturverhältnisse inklusive milderer Winter, Urbanisierung, sowie Reisefreudigkeit und Globalisierung haben Bedingungen geschaffen, in denen sich nun Insekten ansiedeln können, die früher nur in wärmeren Regionen heimisch waren (z.B. Asiatische Tigermücke). Längere warme Jahreszeiten bedeuten auch eine verlängerte Aktivitätszeit der Insekten (inklusive Zecken).
Die Haut ist auch wesentlich für die Temperaturregulation, einem wichtigen Mechanismus, um die Körpertemperatur konstant zu halten und den Körper vor extremen Temperaturen zu schützen. Für das richtige Funktionieren aller körperlichen Prozesse ist das unerlässlich. Der Klimawandel mit steigenden Durchschnittstemperaturen, häufigeren Hitzewellen und höherer Luftfeuchtigkeit hat einen signifikanten Einfluss auf die Temperaturregulation. Liegt die Umgebungstemperatur über der Körpertemperatur von ca. 37 °C, kann keine Wärme mehr abgeben werden. Zusätzlich kann Schweiß umso schlechter verdunsten, je höher die Luftfeuchtigkeit ist. Bei extremer Hitze produziert der Körper überdurchschnittlich mehr Schweiß (bis zu mehreren Litern täglich), was ohne ausreichende Flüssigkeits- und Elektrolytzufuhr zur Austrocknung führt.
Der Körper reguliert seine Temperatur in erster Linie durch Schweißproduktion und Durchblutungsanpassung wahr. Bei höheren Außentemperaturen oder körperlicher Anstrengung wird vermehrt Schweiß produziert. Durch dessen Verdunstung auf der Körperfläche wird Wärme entzogen und der Körper gekühlt (Verdunstungskühlung). Außerdem erweitern sich bei Überwärmung die Blutgefäße in der Haut, sodass durch die erhöhte Blutzufuhr zur Hautoberfläche Wärme abgegeben werden kann. Umgekehrt verengen sich bei kalten Temperaturen die Blutgefäße, was zum Rückhalt von Wärme im Körperinneren und somit zum Schutz vor weiterer Abkühlung führt.
Wenn eine ausreichende Regeneration des Körpers über Nacht durch den Anstieg von Tropennächten (Lufttemperatur über 20 °C) ausbleibt, führt das zu einer chronischen Belastung des Thermoregulationssystems. Die Folge sind Kreislaufprobleme, Erschöpfung und Schlafstörungen.
Aus dermatologischer Sicht ist zu erwähnen, dass eine Reihe von Hautveränderungen bzw. Hautkrankheiten durch Hitze und/oder Schwitzen ausgelöst oder verstärkt werden können. Hierzu zählen Hitzebläschen durch Verstopfung von Schweißdrüsen, Haarbalgentzündungen, Akne, Rosazea und seborrhoisches Ekzem, cholinergische Urtikaria, (spezielle Form des Nesselausschlags) und vor allem Entzündungen in den Körperbeugen durch Feuchtigkeit und Reibung. Wärme und Feuchtigkeit stellen auch ein ideales Milieu für die Vermehrung von Hautpilzen und Bakterien dar.