Nach Angaben eines CHP-Sprechers befinden sich unter den Festgenommenen neben einem ehemaligen Parlamentsabgeordneten auch drei Bezirksbürgermeister aus Istanbul sowie zwei weitere Stadtoberhäupter aus der südlichen Provinz Adana. Insgesamt steigt damit die Zahl der inhaftierten CHP-Bürgermeister auf neun.
Besonders im Zentrum der Ermittlungen steht Istanbul, wo am Wochenende Haftbefehle gegen 47 städtische Bedienstete erlassen wurden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in insgesamt vier separaten Verfahren wegen mutmaßlicher Korruption. Im Zuge der Maßnahmen kam es zu großangelegten Razzien im Istanbuler Rathaus. Medienberichten zufolge wurden bereits rund 70 Personen festgenommen – darunter auch der Privatsekretär und ein Sicherheitsmitarbeiter des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoğlu.
İmamoğlu selbst war bereits im März verhaftet worden – ein Schritt, der zu landesweiten Protesten führte und Erinnerungen an die Gezi-Bewegung von 2013 weckte. Der populäre CHP-Politiker gilt als ernstzunehmender Herausforderer Erdogans. Unmittelbar nach seiner Festnahme hatte ihn seine Partei offiziell zum Präsidentschaftskandidaten nominiert.
Derzeit sitzt İmamoğlu im Hochsicherheitsgefängnis Silivri ein. Ob er bei der spätestens 2028 anstehenden Präsidentschaftswahl antreten kann, ist angesichts laufender Verfahren gegen ihn unklar. Mehrere Prozesse könnten ein politisches Comeback verhindern – oder es, je nach Ausgang, umso stärker legitimieren.
Die CHP und zahlreiche internationale Beobachter werfen der Regierung vor, den Vorwurf der Korruption zu instrumentalisieren, um politische Gegner mundtot zu machen. Menschenrechtsorganisationen mahnen zur Rechtsstaatlichkeit und fordern unabhängige Untersuchungen. Die türkische Regierung betont hingegen, dass sämtliche Maßnahmen auf rechtsstaatlicher Grundlage erfolgten.
Die Entwicklungen werfen einen Schatten auf die innenpolitische Lage in der Türkei und könnten langfristig Auswirkungen auf das politische Gleichgewicht im Land haben.