Es ist fast ein Jahr her: Im November 2024 meldete der heimische Motorradproduzent KTM Insolvenz an. Die Nachricht schockierte weit über die Grenzen des Innviertels (OÖ) hinaus, Hunderte verloren ihre Jobs, mehr als 1.000 mussten monatelang daheim warten, da die Produktion gestoppt wurde.
Die finanzielle Rettung kam in Form des indischen Miteigentümers Bajaj Auto. 800 Millionen Euro pumpte Bajaj in das Unternehmen – mittlerweile läuft die Produktion wieder –, dafür wollen die Inder aber auch mehr mitreden.
Im September schockte ein Interview von Bajaj-Boss Rajiv Bajaj auf dem Sender CNBC TV18. Die Produktion in Europa sei "tot", sagte er im August und meinte sinngemäß, man könne ja auch in Indien fertigen.
Damals gab man sich in der KTM-Zentrale in Mattighofen betont gelassen. "Es gibt derzeit keine Pläne, die Produktion zu verlagern", sagte Geschäftsführer Gottfried Neumeister. Stattdessen laufe der Neustart nach der kürzlich überstandenen Krise zufriedenstellend.
Ganz anders klingt es, wenn man diesem Mitarbeiter in Mattighofen zuhört: "Gelinde gesagt, die Situation ist katastrophal", meint er zu "Heute". Seine Analyse ist brutal: "Wir sind wieder exakt im gleichen System wie vor der Insolvenz."
Der Vorwurf konkret: "Große Lieferanten liefern keine Teile mehr beziehungsweise nur noch gegen Vorkasse und selbst dann oft erst nach Monaten. Fahrzeuge verlassen das Band mit halbfertigen Motoren und fehlenden Komponenten." Ganz hart sagt er über die Produkte, die die Fließbänder verlassen: "Es werden faktisch Leichen produziert."
"Heute" konfrontierte KTM mit den Aussagen des Mitarbeiters. Aus der Zentrale heißt es: "Wir haben im August – ab dem Produktions-Ramp-up (Anm.: Hochfahren der Produktion) – bereits die maximale Anzahl an Motorrädern assembliert, die in einem Ein-Schicht-Betrieb bei KTM produziert werden kann. Seitdem produzieren wir täglich auf allen vier Bändern."
Man gibt zwar zu, dass es keine leichte Zeit war, aber man sei jetzt gut aufgestellt: "Der Neu- und Wiederaufbau von Lieferantenbeziehungen war herausfordernd. Wir sind aber auf eventuelle Änderungen bei Anlieferungen immer gut vorbereitet und können flexibel und effizient reagieren. Wir bauen ausschließlich die neuesten Modelle und liefern laufend an unsere Händler aus."
Zum Schluss kommt noch ein Dementi: "Es gibt derzeit keine Pläne, den Produktionsstandort zu verlagern."
Sein Fazit: "Ich sehe für den Standort in naher Zukunft leider schwarz."
Es steht Aussage gegen Aussage. Unser KTM-Insider reagiert: "Von Qualität oder Organisation ist am Band kaum mehr etwas zu sehen." Über die Lieferanten: "Kein einziger großer Lieferant liefert mehr auf Rechnung. Nur bei einigen lokalen Partnern konnte man wieder Vertrauen aufbauen oder besser gesagt die müssen liefern weil es nicht anders geht."