Die Bilder des Unfalls von Noah Dettwiler gingen unter die Haut. Der Schweizer Motorrad-Pilot wurde von hinten abgeschossen. Kontrahent Jose Antonio Rueda übersah, dass der 20-Jährige verlangsamte, und knallte ins Heck von Dettwiler. Dettwiler verlor dabei viel Blut, erlitt laut Berichten mehrere Herzstillstände sowie Verletzungen an Milz und Lunge. Jetzt kämpft er in einem Krankenhaus von Kuala Lumpur um sein Leben.
Das Rennen wurde mit großer Verspätung doch noch durchgeführt, Ángel Piqueras wurde dabei Zweiter. Über seinen Podestplatz freuen konnte er sich nicht wirklich. Der Spanier musste den verheerenden Unfall mitansehen, nachdem er versucht hatte, die Kollision zu verhindern. "Ich sah den Fahrer, der am Rand fast stehen blieb. Ich wusste, dass andere hinter mir kommen, und versuchte, per Handzeichen zu zeigen: ‹Stopp!› Rueda hat es offenbar nicht gesehen", erklärte Piqueras nach dem Rennen.
Auf Videoaufnahmen ist nun zu sehen, wie Piqueras mit Handzeichen versuchte, die heranrasenden Fahrer auf Dettwiler aufmerksam zu machen. Doch Rueda war wohl zu stark auf seine eigene Aufwärmrunde fokussiert. Nach seinem sechsten Podestplatz des Jahres dachte der Spanier nur an seine verunfallten Kollegen.
"Ich möchte Rueda und Dettwiler meine ganze Unterstützung aussprechen. Ich habe es aufs Podium geschafft, aber unter diesen Umständen gefällt mir das nicht", sagte der Spanier nach dem Rennen. Mit Rueda fehlte der designierte Moto3-Weltmeister im Line-up. "Es war ein sehr schlimmer Unfall. Ich möchte auch ihren Familien, ihren Teams und allen, die sie unterstützen, viel Kraft wünschen." Im Motorradsport ist die Kritik nach dem Crash groß.
Der zweifache MotoGP-Weltmeister Francesco Bagnaia kritisierte, dass das Rennen der Moto3-Klasse trotzdem durchgezogen worden sei. "Ich bin vielleicht zu empathisch, aber junge Fahrer nach so einem Unfall unter diesen Bedingungen ein Rennen fahren zu lassen, halte ich für keine gute Idee. Ich werde das nie verstehen", meinte er.
Ein Motorradrennen zu bestreiten, erfordert höchste Konzentration. Aber wie soll unter diesen Umständen sichergestellt werden, dass die Fahrer in Gedanken nicht woanders sind? Diese Frage stellt auch MotoGP-Fahrer Jack Miller: "Niemand will jemals zusehen müssen, wie so etwas geschieht. Solche Motorräder zu fahren, verlangt dir deine gesamte mentale Kapazität ab."
In der Szene mehren sich die kritischen Stimmen zu einer früheren Regeländerung. In den kleineren WM-Klassen Moto2 und Moto3 wurde das Warm-up am Renntag vor einigen Jahren abgeschafft. Seither bleibt den Fahrern nur eine einzige Aufwärmrunde, um das Motorrad in seiner finalen Abstimmung zu testen. Das birgt Risiken: Nach dem Qualifying werden oft Teile ersetzt, und jeder Fahrer nutzt die Runde anders – vom langsamen Test bis zur schnellen Probefahrt.
Nach dem schweren Unfall von Dettwiler und Rueda fordern viele nun die Rückkehr der Warm-ups. Motorradstar Dominique Aegerter meinte hierzu: "Wenn es gestern noch ein Warm-up gegeben hätte, wäre der Unfall vielleicht dort passiert."