Ein bizarrer Fall endete am Donnerstag am Wiener Straflandesgericht mit einem Freispruch: Eine 29-Jährige, die einem Bekannten in einer Notsituation die Zunge abgebissen hatte, wurde freigesprochen. Das Gericht sah keine Notwehrüberschreitung – die Frau habe sich nur gegen einen Angriff gewehrt.
Die Frau kannte den 47-jährigen Mann seit rund zehn Jahren. Am heurigen 1. Februar trafen sich die beiden, sie begleitete ihn in seine Wohnung. "Er hat zweimal versucht, mich zu küssen", schilderte die Angeklagte. Als sie das abwehrte, wurde er aggressiv, beschimpfte sie – und griff ihr schließlich in die Hose.
In diesem Moment biss sie zu: "Ich hatte panische Angst. Ich habe es so geschafft, die Wohnung zu verlassen", erzählte die 29-Jährige. Der Mann erlitt eine schwere Verletzung – eine "traumatische Amputation des vorderen Zungenabschnitts", wie es im Strafantrag heißt.
Die Frau rief keine Rettung, sondern flüchtete zur Bushaltestelle. "Ich bin weggelaufen. Ich hatte Todesangst", erklärte sie unter Tränen. Das Gericht sah in ihrem Verhalten klare Notwehr. Eine Überschreitung – wie von der Anklage behauptet – habe nicht vorgelegen. Die Richterin befand die Aussage der Frau für glaubwürdig und sprach sie vom Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung frei. Das Urteil ist rechtskräftig.
Für den 47-Jährigen ist die Causa aber noch nicht vorbei: Er muss sich demnächst vor einem Schöffensenat verantworten. Laut Anklage soll er die Frau an den Oberarmen gepackt, sie zu Küssen und Zudringlichkeiten genötigt und sie zwei Stunden lang in seiner Wohnung festgehalten haben. Ein Verhandlungstermin steht noch nicht fest.
Der Mann weist die Vorwürfe zurück. "Ich war nicht auf Sex aus", behauptete er. Alles sei einvernehmlich gewesen. Dann aber habe sie plötzlich zugebissen: "Wie ein Vampir – als ob sie meine Zunge rausreißen wollte." Nachdem die Frau aus der Wohnung geflüchtet war, habe er in den Spiegel geschaut: "Das war ein Schock. Ich habe befürchtet, dass ich sterbe."
