Jung, motiviert und gut ausgebildet - man sollte eigentlich meinen, dass Jennifer S. die idealen Voraussetzungen für den Arbeitsmarkt mitbringt. Doch die 27-Jährige blickt insgesamt eher auf negative Erfahrungen zurück. Ein Jahr lang suchte sie nach einem Job, schrieb rund 200 Bewerbungen und bekam nur Absagen. "Es war frustrierend", erzählt sie.
Die Wienerin hat eine Lehre zur Verwaltungsassistentin abgeschlossen, Weiterbildungen gemacht und sogar einen Lehrgang mit Fokus auf Rechtsanwaltskanzleien absolviert. In unterschiedlichen Unternehmen und Einrichtungen war sie bisher meist in einer führenden Position tätig - so war sie beispielsweise zu Zeiten der Coronapandemie als Teamleiterin für die Impfstationen in Oberösterreich zuständig. Doch wie viele andere war auch diese Stelle zeitlich befristet.
Bei den Bewerbungen gab sie sich große Mühe, suchte auch Jobs außerhalb von Wien. Doch Hautfarbe, Alter und Geschlecht machten es ihr schwer, ist sie überzeugt. "Ich kann mir die vielen Absagen nicht anders erklären. Ich habe mich bei hunderten Organisationen beworben, Aufnahmetests und auch psychologische Tests immer bestanden. Bei einem Bewerbungsgespräch wurde ich dann tatsächlich darauf angesprochen, dass ich ja 'im gebärfähigen Alter' sei", erzählt Jennifer.
Nach einem Jahr auf Jobsuche konnte die Wienerin dank Unterstützung und Beratung durch AMS und Partnerorganisationen vor kurzem wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen. Bei einem Wiener Wohnprojekt ist sie im Kundenservice tätig; nach absolvierten Schulungen stehen ihr Aufstiegsmöglichkeiten offen. "Ich finde es toll hier, das Team ist vielfältig und man wird gefördert", sagt sie.
Insgesamt sind in Wien 124.877 Personen arbeitslos gemeldet, davon 13.209 Jugendliche. 70.635 Personen im Alter von 50 Jahren oder älter sind in Wien auf Jobsuche. Die Arbeitslosigkeit steigt österreichweit, in Zeiten schlechter Konjunkturlage nicht ungewöhnlich, erklärt AMS Wien-Vizechefin Katharina Luger.
"Langzeitbeschäftigungslose, arbeitslose Jugendliche, Zuwanderer auf Jobsuche und am Arbeitsmarkt oft übersehene Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen sind eine wertvolle Ressource. Um diese Ressourcen zu heben, müssen wir den betroffenen Menschen Chancen und Perspektiven bieten", sagt Regina Rieder, Vorstandsvorsitzende von arbeit plus. Dachverband - Soziale Unternehmen Wien.
"Fachkräfte wachsen nicht auf den Bäumen, man muss sie ausbilden", betont außerdem waff-Geschäftsführer, Marko Miloradović. Er verweist auf drei bereits bestehende Förderangebote in Wien. Bei "Jobs PLUS Ausbildung" erhalten Arbeitsuchende eine kostenlose Ausbildung und einen fixen Job, Unternehmen bekommen bestens ausgebildete und sofort einsetzbare Fachkräfte. Im Rahmen der "Joboffensive 50 Plus" werden ältere Arbeitslose wieder in den Arbeitsmarkt integriert und mit der "Joboffensive für Jugendliche" gibt es seit Kurzem ein ähnliches Programm speziell für junge Menschen.