Der Heldenplatz wurde am Sonntag zum Ort des Erinnerns und des stillen Protests. Um 16 Uhr verwandelte sich die Zone rund um das Erzherzog-Karl-Denkmal in ein wahres Lichtermeer. Kerzen, Stille, Gedenken – für Jenni S., die im Jänner 2018 im Alter von 21 Jahren spurlos verschwand. Vor kurzem gestand ihr Ex-Freund den Mord – "Heute" berichtete mehrfach.
Die Mahnwache bei knackigen 3 Grad Celsius galt aber auch allen anderen 218 Frauen, die seit Jennis Verschwinden Opfer eines Femizids wurden. Laut den Autonomen Österreichischen Frauenhäusern (AÖF) wurden allein heuer (Stand: 5.12.) bisher 15 mutmaßliche Femizide und 37 Mordversuche bzw. schwere Gewalttaten an Frauen registriert.
„Jenni wäre so alt wie ich, das hat mich so bewegt“OskaSängerin und Mahnwache-Organisatorin
Organisiert wurde die öffentliche Mahnwache von der österreichischen Singer-Songwriterin Oska alias Maria Burger (29): "Jenni wäre so alt wie ich, das hat mich so bewegt", meinte die Künstlerin sichtlich mitgenommen in Anwesenheit von Jennis Mutter, Brigitta, die sie auch umarmte. Auch Familien-Anwalt Andreas Schweitzer und Rosa Logar, Mitbegründerin des ersten österreichischen Frauenhauses in Wien, waren anwesend. Nach einer kurzen Rede von Oska ertönte Bob Dylans Femizid-Song "The Lonesome Death of Hattie Carroll".
Die Sängerin hatte sich bereits zuvor emotional zum Fall Jenni S. geäußert: "Ich habe im Jahr 2019 bei Jennis Verabschiedung gesungen. Ein Begräbnis gab es ja nicht. Die Geschichte von Jenni und das Leid ihrer Familie berühren mich, und ich wollte etwas zur Sichtbarkeit beitragen. Weil Jennis Leben kostbar war. Und weil ihr Fall zeigt, dass man mehr hätte tun können. Mehr hätte tun müssen. Für Jenni", erklärte Oska.
Die Trauer um Jenni ist nach wie vor groß – das Lichtermeer sollte aber auch weg vom persönlichen Schmerz, hin zu kollektivem Erinnern und gesellschaftlicher Verantwortung führen: "Wir haben Forderungen, es muss sich was ändern. Man muss mit Menschen früh über Social Media sprechen, und sollte das auch in den Lehrplan aufnehmen. Es ist wichtig, schon mit jungen Burschen über Kummer, Wut und Gewalt zu reden", verlangte Oska.
Im Vorfeld der Mahnwache veröffentlichte die 29-Jährige zudem auf ihrer Instagram-Seite: "Egal, was man macht, es ist zu wenig. Dies ist ein weiterer Versuch, Sichtbarkeit zu schaffen und einen Raum zum Trauern zu bieten. Menschen sollen die Möglichkeit haben, sich zu informieren, über das Thema bewusst zu werden und den Opfern Respekt zu zeigen. Ihren Angehörigen zu zeigen, dass wir als Gesellschaft solches Verhalten nicht dulden und, dass wir Veränderung wollen und brauchen."