Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) ist am Montag "All in" gegangen. Trotz expliziter Absage der ÖVP stimmte sie beim EU-Ministerrat für das Renaturierungsgesetz. Bundeskanzler Karl Nehammer sprach von einem "Rechtsbruch" Gewesslers, man werde zudem eine Nichtigkeitsklage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) einreichen. Gewesslers Alleingang werde "dementsprechende Konsequenzen haben", stellte der Kanzler klar.
Die Ministerin ist bei ihrem Koalitionspartner zu einer "Persona non grata" geworden. Immer mehr führende VP-Politiker üben scharfe Kritik an der Grünen. Neben Nehammer feuerten Generalsekretär Christian Stocker, Verfassungsministerin Karoline Edtstadler und Innenminister Gerhard Karner gegen Gewessler.
Während Stocker und Edtstadler der Ministerin vorwarfen, Ideologie über das Gesetz zu stellen, ortete Karner bei Gewessler "Klimakleber"-Methoden und war ihr "blindwütigen Aktionismus" vor.
Auch Oberösterreichs Landeschef und ÖVP-Grande Thomas Stelzer sieht in Gewessler eine "Aktivistin". Die Umweltministerin sei für ihn "nicht mehr wirklich ministrabel", sagte er zur APA. Die Entscheidung des Kanzlers, die Regierung trotz allem weiterzuführen sei mit "viel Magenweh und Überwindung aus meiner Sicht die staatspolitisch richtige Entscheidung" gewesen. Ein "freies Spiel der Kräfte" im Parlament wäre so kurz vor den Wahlen hochriskant.
Der OÖ-Landeshauptmann sparte nicht mit Kritik am Gewessler-Vorgehen. Damit werde "das Regierungsamt als Spiel gesehen", bei dem Parteipolitik über die Verfassung gestellt werde. "Das hat es in dieser Form, in meiner Erinnerung, so brutal und so kaltschnäuzig eigentlich noch nie gegeben", so Stelzer zur APA.
Angesprochen auf die Konsequenzen – etwa ein Entlassungsvorschlag gegen Gewessler seitens des Kanzlers an den Bundespräsidenten – sagte der Landeshauptmann: "Schauen wir mal, was der Herr Bundespräsident sagt, der hat sich ja in letzter Zeit auch in der einen oder anderen tagespolitischen Frage gemeldet."
Eine erneute Regierungszusammenarbeit auf Bundesebene mit den Grünen könnte sich der VP-Mann, wenn überhaupt, dann nur ohne Gewessler vorstellen."Wenn es zu einer Regierungsbildung kommt, muss man schauen, ob es Personen gibt, die wirklich Interesse daran haben, ein Staatsamt auszuüben oder weiterhin ein Aktivisten-Dasein führen wollen."
Stelzer ging sogar so weit und stellte an den (noch) aktuellen Koalitionspartner ein Ultimatum: Grüne ohne Gewessler, genauso wie FPÖ ohne Kickl. Zweiteres sei "klargestellt über unseren Bundesparteiobmann und das ändert sich auch nicht".