Seltenes Naturschauspiel

Imker rettete Bienen mitten in der City St. Pölten

Bienen kaperten gleich zweimal Orte in der Innenstadt von St. Pölten. Ein Imker musste gerufen werden, um die Schwärme in Sicherheit zu bringen.
Niederösterreich Heute
13.06.2025, 07:00
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Vergangene Woche ereignete sich in der St. Pöltner Innenstadt ein seltenes Naturschauspiel: Gleich zwei Bienenschwärme suchten sich ungewöhnliche Plätze für einen Zwischenstopp – einen blühenden Baum am neuen Promenadenring und ein öffentliches Mietrad am Rathausplatz.

Mittwochvormittag. Gegenüber der Herz-Jesu-Kirche zieht ein außergewöhnliches Ereignis die Aufmerksamkeit zahlreicher Passanten auf sich: Eine dichte Bienentraube hängt am Ast eines Baumes. Tausende Tiere, dicht gedrängt – auf der Suche nach einem neuen Zuhause. Die aufgeregten Menschen verständigen die Stadt.

Tausende Bienen schwärmten vergangenen Mittwoch um einen der Schnurbäume in St. Pölten. Imker Karl Tanzberger fing sie ein.
Christian Krückel

Das bedeutet Alarm für Imker Karl Tanzberger, der von der Stadtgärtnerei angerufen wird. Mit Imkerhut, Stoffsack und einer "Bienenbeute", so heißt der Bienenstock ohne Bewohner, rückt Tanzberger an. Die ersten Versuche, die Insekten einzufangen, scheitern.

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"Das ist mir am Promenadenring zweimal passiert. Dann, beim dritten Mal habe ich die Königin zufällig erwischt und die Bienen sind in der Beute geblieben", erzählt er. Bienen werden durch die Duftstoffe der Königin gesteuert. So folgen die Bienen ihrer Königin in die Beute, wenn es dem Imker gelingt, unter tausenden Insekten das eine Insekt zu finden, das den gesamten Schwarm zusammenhält.

Nächster Tag, nächster Schwarm

Lange Zeit zum Verschnaufen bleibt Tanzberger nicht. Schon tags darauf wird er erneut alarmiert. Diesmal hat sich eine Bienentraube im Korb eines Leihfahrrades eingenistet – direkt am Rathausplatz.

Ein Bienenschwarm landete im Korb eines Leihrades am Rathausplatz von St. Pölten.
Karl Tanzberger

Wieder geht Tanzberger ganz behutsam vor. Er stellt seine Beute in unmittelbarer Nähe auf, sucht nach der Königin und fängt sie schließlich. Die Bienen akzeptieren die neue Behausung, nachdem Tanzberger die Königin, die er in einen Käfig gesperrt hat, in die Beute gehängt hat.

Der Schwarmtrieb – ein Naturphänomen

Was für Beobachter spektakulär wirkt, ist dem erfahrenen Imker ein bekanntes Phänomen: "Die Bienen vermehren sich zu dieser Jahreszeit stark, was zu Platzproblemen im Bienenstock führt", erklärt Tanzberger.

So vermehren sich Bienenvölker, erzählt der Niederösterreicher. Ein Teil des Bienenvolkes spaltet sich ab – samt der alten Königin – und geht auf Quartiersuche. Die zurückbleibenden Bienen pflegen meist schon eine neue, junge Königin. Wenn alles klappt, entsteht so ein neues Bienenvolk.

Ursprünglicher Lebensraum verschwunden

"Früher waren es hohle Bäume", erzählt Tanzberger. Die Bienen lebten im Wald. Davon ist heute nichts mehr über. Deshalb lassen sich Schwärme heute zum Beispiel "auf Dachböden oder unter einem Dachvorsprung nieder, wo sie vor der Witterung geschützt sind. Bei der Auswahl sind die Bienen demokratisch – es wird sich ausgetauscht, wer das bessere Quartier gefunden hat. Dann ziehen die Bienen los."

Der St. Pöltner Imker Karl Tanzberger kümmerte sich um die sichere Übersiedlung der Bienenvölker.
Christian Krückel

Dass Bienen immer öfter urbane Räume erobern, ist laut Tanzberger auch ein Ergebnis der laufenden Fördermaßnahmen: "Dadurch, dass wir in der Stadt so viele Bienenvölker haben und das von der Stadtgärtnerei gefördert wird, haben wir solche Naturphänomene. Es kommen nicht nur Füchse und andere Tiere in die Stadt, sondern auch Bienen." Am Rathausplatz sorgte das Naturereignis jedenfalls für viele staunende Gesichter.

Gefahr durch eingeschleppte Milbe

Doch so faszinierend das Schauspiel auch ist – ohne menschliches Eingreifen hätten die Schwärme wohl kaum eine Überlebenschance. Längst gibt es die Wälder mit den hohlen Bäumen, in denen die Bienen einst lebten, nicht mehr.

Ein weiterer Grund ist die aus Asien eingeschleppte Varroamilbe. Bienenvölker, die man nach Asien brachte, infizierten sich. Als man die Bienen zurück nach Europa brachte, war in wenigen Jahren die gesamte Bienenpopulation des Kontinents mit Milben verseucht.

"Gegen die Milben können sich unsere heimischen Bienen kaum wehren. Sie vermehren sich in der Brut rasant. Ohne Eingreifen des Imkers würde das Volk wahrscheinlich den nächsten Winter nicht überleben", warnt Tanzberger.

Insgesamt haben es die Bienen in Österreich nicht leicht. Zu den schwindenden Lebensräumen und der Milbenproblematik kommen klimabedingte Herausforderungen – und die mögliche Wiedereinführung bereits verbotener Pestizide. Wie "Heute" kürzlich berichtete, verendeten letzten Winter Millionen Bienen ist Österreich – ein trauriger Rekord.

Tanzberger selbst betreut derzeit über 20 Völker – unter anderem in Wagram, beim Hammerpark und am Lilienhof. "Ich habe das vor 20 Jahren von meinem Vater übernommen und schon als Kind mitgeholfen." Auch wenn er den Honig seiner Bienen verkauft, reich wird er damit nicht. "Es ist für mich ein Hobby. Ich sage immer: Ich bin froh, wenn ich am Ende des Jahres auf einer schwarzen Null lande."

Verhalten bei Bienenschwärmen

Wer in der Stadt eine Bienentraube entdeckt, sollte laut Tanzberger vor allem eines tun: Abstand halten. Und dann – im Idealfall – sofort einen Imker oder die Stadtgärtnerei verständigen. Auch die Ortsgruppe des Niederösterreichischen Imkerverbands kann helfen.

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 15.07.2025, 09:21, 13.06.2025, 07:00
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