Antisemitismus-Eklat in Wien

Israelin als Terrorist beschimpft – Wirt feuert Kellner

Ein Dessert wurde zum Skandal: Im Gasthaus Schilling beschimpfte ein Kellner eine Israelin als "Terroristin" – der Wirt reagierte sofort.
Christoph Weichsler
30.09.2025, 14:35
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Eigentlich sollte es ein gemütlicher Abend in Wien-Neubau werden. Eine israelische Urlauberin setzte sich mit Freunden ins Gasthaus Schilling in der Burggasse, bestellte Wiener Klassiker, genoss die Atmosphäre. Das Service war freundlich, alles deutete auf einen entspannten Abend hin. Doch mit dem Dessert nahm die Geschichte eine Wendung, die die Gäste noch lange nicht vergessen werden.

Nach ihrer Schilderung stellte der Kellner das Dessert nicht freundlich auf den Tisch, sondern knallte es mit Nachdruck hin. Dazu schleuderte er der Besucherin ein einziges Wort entgegen: "Terroristin." Für die Frau und ihre Begleiter war es ein Moment blanken Entsetzens, den sie als zutiefst verletzend und bedrohlich empfanden. "Wir waren wie gelähmt und wollten nur noch fliehen", erzählte die Familie später. Ohne das Dessert überhaupt angerührt zu haben, verließen sie das Lokal überstürzt und beglichen noch hastig die Rechnung.

Betreiber zieht sofort Konsequenzen

Als die "Heute"-Redaktion den Betreiber des Gasthaus Schilling mit den Vorwürfen konfrontierte, zeigte sich dieser zutiefst erschüttert. "Das ist absolut inakzeptabel", stellte er klar. Für ihn stand sofort fest, dass der betroffene Mitarbeiter keinen Tag länger im Haus bleiben könne. Der Kellner wurde fristlos entlassen – noch am selben Tag, als Schilling erstmals von dem Vorfall erfuhr.

Der entlassene Mitarbeiter behauptete, er habe die Gäste lediglich gefragt, ob sie aus Israel stammen. Für den Wirt machte das jedoch keinen Unterschied. "So spricht man nicht mit Gästen. Unser Haus ist offen für alle, jeder soll sich hier willkommen fühlen", betonte er im Gespräch. Er kündigte zudem an, die betroffene Urlauberin persönlich kontaktieren und sich entschuldigen zu wollen.

120 Jahre Wirtshaus-Kultur

Besonders bitter: Das Gasthaus Schilling gilt seit über 120 Jahren als Inbegriff der Wiener Wirtshauskultur. Bereits 1898 erstmals erwähnt, in den 50er-Jahren als "Gasthaus zur Gemütlichkeit" bekannt, hat es sich seinen urigen Charakter bewahrt. Holzgetäfelte Wände, eine alte Bretschneider-Schank und Klassiker wie Backhendl machen es zu einer Institution im 7. Bezirk.

"Wir sind stolz auf unsere Geschichte – aber noch mehr darauf, dass bei uns jeder willkommen ist", sagte Schilling. Umso mehr treffe ihn, dass ausgerechnet in seinem Beisl so etwas passieren konnte.

Brisanter Hintergrund

Brisant wird die Geschichte auch dadurch, dass es nicht der erste antisemitische Vorwurf rund um dieselbe Familie ist. Vor wenigen Wochen war bereits ein Tiroler Campingplatz in die Schlagzeilen geraten, nachdem dort behauptet wurde, israelische Gäste seien mit den Worten "Kein Platz für Israel" abgewiesen worden. Der Betreiber dementierte, doch die Debatte über Antisemitismus in Österreich kochte hoch.

Nun also Wien, mitten in der Burggasse. Für die Betroffenen bleibt vom Aufenthalt in Österreich ein bitterer Beigeschmack. "So traurig – genau in Wien, das ich so liebe, erlebt die Tochter meiner Schwester so etwas", schrieb Nissan Dekalo, der Onkel der Betroffenen, auf Facebook.

{title && {title} } CW, {title && {title} } Akt. 30.09.2025, 16:14, 30.09.2025, 14:35
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