Familien von Gaza-Geiseln

JJ-Eklat – "Ermordet, vergewaltigt oder entführt"

Die Diskussion um JJs Aussagen sind auch in Israel angekommen. Angehörige von Hamas-Geiseln – sie kommen nach Wien – laden ihn zum Gespräch.
Michael Pollak
23.05.2025, 14:34
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Vom gefeierten zum heftig diskutierten Star – ESC-Gewinner JJ schaffte das innerhalb von fünf Tagen. Seine umstrittenen Aussagen über Israel sorgen seit Donnerstag für große Aufruhr. Er sagte in einem Interview: „Würde es an mir liegen, ich würde Israel ausschließen." Gemeint ist der ESC 2026, der in Österreich stattfinden soll.

Jetzt gibt es erste Reaktionen direkt aus Israel. Noch brisanter: Die Geschwister von zwei jungen Israelis, die immer noch – seit fast 600 Tagen – unter unmenschlichen Bedingungen in den Fängen der Hamas-Terroristen gequält werden, wenden sich an den Austro-Sänger. Die beiden 22-Jährigen Evyatar David und Guy Gilboa-Dalal wurden am Nova-Musikfestival gekidnappt. Es war der 7. Oktober 2023, als 2.100 Israelis bei dem Anschlag der Terroristen starben.

"In Ihrer Rolle als Gewinner..."

"Sehr geehrter Herr Pietsch!", fängt der Brief (adressiert an den ORF) der jungen Israelis an unseren umstrittenen Star an, "wir wenden uns an Sie in Ihrer Rolle als diesjähriger Gewinner des Eurovision Song Contest und als jemand, der diese Plattform zuletzt auch genutzt hat, um sich zum Konflikt in Israel und Gaza zu äußern."

Und dann beschreiben sie: "An diesem 7. Oktober wurden Hunderte junge Menschen – die sich in Frieden versammelt hatten (Anm.: am Musik-Festival), ähnlich wie beim Eurovision – ermordet oder verschleppt. Unsere Brüder, damals 22 Jahre alt und heute 24, befinden sich bis heute als Geiseln im Gazastreifen. Gal, einer der Unterzeichnenden dieses Schreibens, ist selbst Überlebender dieses Massakers – ebenso übrigens wie Ihre ESC2025-Mitbewerberin Yuval Raphael."

Die Briefschreiber aus Israel sind gerade am Weg nach Österreich: "In der kommenden Woche werden wir in Wien sein, um auf diese andauernde und unerträgliche Geiselnahme aufmerksam zu machen – ein Thema, das für uns nicht politisch, sondern zutiefst persönlich und dringend ist. Wir haben Ihre öffentlichen Aussagen zur Teilnahme Israels am Eurovision wahrgenommen. Und wir sind überzeugt, dass jeder, der sich öffentlich zu diesem Konflikt äußert, auch bereit sein sollte, die Stimmen jener anzuhören, die persönlich davon betroffen sind."

Es folgt das Angebot: JJ soll die Geschwister der Terror-Opfer treffen, schon nächste Woche: "Es wäre eine Gelegenheit, unsere Perspektive kennenzulernen, mehr über die Realität von Familien wie der unseren zu erfahren und besser zu verstehen, was es bedeutet, wenn Hunderte Menschen – Männer, Frauen, Kinder, Ältere – ermordet, vergewaltigt oder entführt werden."

"Bereit sein, zuzuhören"

Das Gespräch, sollte es zustande kommen, sollte nicht in einem Streit eskalieren, "es ist ein Angebot, der oft in oberflächlichen Parolen und wütenden Extremen geführten Diskussion eine menschliche und faktische Dimension hinzuzufügen." Dann das Ende des Schreibens: "Wir glauben, dass jeder, der sich öffentlich mit solchen Themen beschäftigt, auch bereit sein sollte, den Stimmen jener zuzuhören, deren Leben dadurch zerstört wurde."

Der Brief der Geisel-Geschwister an Pietsch.
zVg

Es ist die bereits dritte Einladung, die von jüdisch, israelischer Seite innerhalb von 24 Stunden an Pietsch gerichtet ist. David Roet, der Botschafter Israels in Österreich, sagt zu "Heute": "Ich würde JJ sehr gerne persönlich treffen und mit ihm über all diese Themen sprechen. Ich lade ihn herzlich ein, Israel zu besuchen."

Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde: "Johannes Pietsch rief nach seinem Song Contest-Sieg dazu auf, Liebe zu verbreiten. Jetzt macht er das Gegenteil. Mit seinen jüngsten Aussagen reiht er sich in den Chor der Israel-Hasser ein, macht israelische Opfer zu Aggressoren und spaltet." Und dann auch das Angebot: "Sollten seine Aussagen auf Unwissenheit beruhen, sollte er sich informieren oder – noch besser – nach Tel Aviv fliegen und sich vor Ort von der vielfältigen Demokratie überzeugen, in der jeder Mensch frei und selbstbestimmt ist."

"Verurteile jegliche Form von Gewalt..."

Pietsch versuchte am Donnerstag noch zurückzurudern, ließ ausrichten: "Es tut mir leid, falls meine Worte missverstanden wurden. Obwohl ich die israelische Regierung kritisiere, verurteile ich jegliche Form von Gewalt gegen Zivilisten überall auf der Welt - sei es gegen Israelis oder Palästinenser." Aber, ob er weiterhin für einen Boykott Israels sei, das sprach er nicht mehr an.

{title && {title} } POM, {title && {title} } Akt. 23.05.2025, 16:50, 23.05.2025, 14:34