Die Zahl der antisemitischen Vorfälle ist laut der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG) im Jahr 2024 stark gestiegen. Konkret waren es im vergangenen Jahr 1.520 Fälle (vier pro Tag!), 2023 waren es noch 1.147 – eine Steigerung um 32,5 Prozent. IKG-Präsident Oskar Deutsch geht sogar von einer noch viel höheren Zahl aus.
Laut IKG-Generalsekretär Benjamin Nägele ist die zunehmende "Verrohung" erschreckend, zudem steigt die Zahl der physischen Übergriffe. Ebenfalls besorgniserregend: Sowohl Täter, als auch Opfer werden immer jünger.
„Sie haben mehrmals einen Hitlergruß in meine Richtung gemacht – am 'Tag der Freude' schon heftig“Lukas P.über den Vorfall
Das zeigt auch ein Vorfall, von dem "Heute"-Leser Lukas P. (Name geändert) berichtet. Der Wiener war am 8. Mai, dem "Tag der Freude", mit der U6 unterwegs. An diesem Tag wird der Befreiung vom Nationalsozialismus und des Endes des Zweiten Weltkriegs in Europa gedacht – 65.000 österreichische Jüdinnen und Juden wurden im Holocaust ermordet.
Lukas P. wartete gegen 8.45 Uhr in der Station Niederhofstraße auf die U-Bahn, als mehrere, etwa 12-jährige Burschen auf ihn zukamen: "Sie haben mehrmals einen Hitlergruß in meine Richtung gemacht – am 'Tag der Freude' schon heftig", berichtet der 28-Jährige. Fotografieren konnte Lukas P. die Jugendlichen nicht, auch Anzeige wurde nicht erstattet.
Auf "Heute"-Nachfrage bei den Wiener Linien heißt es zu dem Vorfall: "Die Wiener Linien stehen für Toleranz, Vielfalt und Respekt. Diskriminierung, Rassismus, Homophobie und jegliche Ausgrenzung haben bei uns keinen Platz und lehnen wir strikt ab."
Auch vor den sozialen Medien macht Antisemitismus nicht Halt, wie ein Fallbeispiel aus dem Rassismus-Report 2024 der Antidiskriminierungsstelle ZARA zeigt: David (Name geändert) erhielt auf Instagram antisemitische Beleidigungen und gefährlichen Drohungen.
Israelitische Kultusgemeinde Wien (IKG): Tel.: +43 1 53104-777 oder +43 1 3698526 (bei Gefahr im Verzug), E-Mail: [email protected]., Internet: antisemitismus-meldestelle.at
Verein ZARA Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit, Tel.: +43 1 929 13 99, E-Mail: [email protected], Internet: zara.or.at/de
Die verstörenden Nachrichten wurden von einem Fake-Account in unterschiedlichen Sprachen verschickt. Da David jüdische Wurzeln hat, wandte er sich an den Verein ZARA. Auf den Rat seiner Beraterin hin zeigte den Unbekannten bei der Polizei wegen gefährlicher Drohung an. Der Verein unterstützt ihn nun beim anstehenden Strafverfahren.