Großdemo gegen Übertourismus

Kanarier wütend: "Touristen schwimmen in Schei**e"

Weil ihre Forderungen ignoriert wurden gingen auf den Kanaren erneut Tausende auf die Straße. Poster von Politikern wurde mit Fäkalien übergossen.
Nick Wolfinger
19.05.2025, 18:43
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Die Urlaubssaison ist noch gar nicht richtig angelaufen, doch die Spanier laufen bereits wieder Sturm gegen den ihrer Meinung nach aus dem Ruder gelaufenen Tourismusboom. "Genug ist genug" und "Sie wollen meine Oma vertreiben" stand auf den Schildern von Demonstrationen, die am Sonntag auf den Kanarischen Inseln und anderen spanischen Städten zu Tausenden auf die Straßen gingen.

Im Zentrum der Forderungen standen drei Punkte: Keine neuen Lizenzen für Hotels und Ferienwohnungen, eine Ökosteuer als Beitrag zur Erhaltung der nötigen Infrastruktur und eine strengere Regulierung des Ferienwohnungsmarktes, der den Wohnraum in den Urlaubsregionen für Einheimische fast unerschwinglich gemacht hat.

Abwasser läuft ungeklärt ins Meer

So leidet etwa auf den Kanarischen Inseln die Infrastruktur trotz Milliardeneinnahmen der Tourismusbetriebe an Überalterung und Überlastung. Insbesondere auf den Inseln läuft vielerorts das Abwasser ungeklärt ins Meer, oft über gut versteckte Rohre, die von den Aktivisten jedoch längst gefunden und kartiert wurden. Für die Surfer von Teneriffa ist das alles nichts Neues, sie beklagen schon seit langem den Gestank und offensichtliche Abwassereinleitungen an einigen Stränden.

Sie machen auch Korruption dafür verantwortlich, dass Projekte genehmigt wurden, obwohl Wasser- und Abwassernetz dafür gar keine Kapazitäten mehr aufwiesen – und dafür, dass die Behörden bei Verstößen gegen Umwelt- und Arbeitsauflagen oft wegsehen.

Lokalregierung wird in die Pflicht genommen

Besonders deutlich wurde diese Kritik in der Kanaren-Hauptstadt Santa Cruz de Teneriffa veranschaulicht. Dort wurden in einer Performance literweise ungeklärtes Abwasser auf am Boden liegende Politikerposter geschüttet. Auf einem Transparent stand dazu passend: "Touristen schwimmen in Schei**e". An der größten der Insel-Demos nahmen rund 15.000 Menschen teil.

Sprecherin: Tourismus braucht Grenzen

Die Sprecherin der Vereinigung der Freunde der Natur Teneriffas, Helena Espinosa, unterstrich die Forderung nach dem Stopp für neue Tourismusprojekte: "Wir sind nicht gegen den Tourismus. Wir befürworten ein Modell, das die Zahl der Touristen, die wir auf den bereits überfüllten Inseln empfangen können, kontrolliert und misst. Wir nähern uns 18 Millionen Touristen (pro Jahr), und es sieht so aus, als würde diese Zahl nur noch steigen." Die bisherigen Demonstrationen hätten aber nichts gebracht, es würden weiterhin "illegale Projekte" fortgeführt, die die Insel "zerstören".

Auf Fuerteventura, das seit Jahren unter einer Wasserversorgungskrise leidet, hieß es etwa: "Wenn es Wasser für Tausende von Schwimmbädern und Golfplätzen gibt, muss auch genug für die Bevölkerung vorhanden sein", wie der spanische Fernsehsender RTVE zitierte.

Bündniss hält den Druck hoch

Es war bereits die dritte Inselübergreifende Großdemo des Bündnisses "Die Kanaren haben ihre Grenzen" nach dem 20. Oktober des Vorjahres und dem 20. April heuer. Insgesamt kamen rund 23.000 Menschen zu den Demos auf allen bewohnten Inseln: Teneriffa (15.000 Demonstranten), Gran Canaria (5.000), Lanzarote (2.000), La Palma (500), Fuerteventura (500), La Gomera (100) und El Hierro (90). Demonstriert wurde auch in Barcelona, Valencia, Granada und Madrid.

Wohnungsmangel: AirBnB im Visier

Dass die Politik das Problem zumindest erkannt hat, lässt ein am Montag veröffentlichter Regierungsbeschluss hoffen. Verbraucherschutzminister Pablo Bustinduy erklärte, dass die Buchungsplattform AirBnB landesweit 65.000 Wohnungen aus ihrem Angebot entfernen muss, da sie keine Lizenz zur Vermietung an Urlauber aufweisen können.

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