Herbert Kickl hat trotz Platz 1 bei der Nationalratswahl und dem Auftrag einer Regierungsbildung keine Koalition zustande gebracht. In seiner Rolle als Chef der stärksten Oppositionspartei hat er "Tichys Einblick" und "exxtra24" ein Interview gegeben.
So glaubt Kickl nicht, dass der CDU-Vorsitzende und künftige Bundeskanzler Deutschland Friedrich Merz Zurückweisungen von Migranten an den Grenzen durchsetzen wird. "Die Problematik, die ich bei Friedrich Merz und bei der österreichischen Regierung sehe, ist, dass sie das Angekündigte nie machen werden: weil es einen Konflikt mit der Europäischen Union bedeutet, weil es einen Konflikt mit dem EU-Migrationspakt bedeutet und weil es einen Konflikt mit der Judikatur des EuGH und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bedeutet", sagt der FPÖ-Chef.
Das Asylproblem sei nur durch Zurückweisungen zu lösen, die für Kickl auch ohne Zustimmung der Nachbarländer rechtlich möglich seien. "Ich war in meiner Zeit als Innenminister mit einer ähnlichen Ausgangssituation konfrontiert, weil die Bayern genau das Gleiche angekündigt hatten. Dann habe ich gesagt: Dann bleibt uns gar nichts anderes übrig, als das Gleiche an unseren Außengrenzen zu machen. Damit wird dann etwas entstehen, was gar nicht negativ ist, nämlich ein Dominoeffekt, und am Ende haben wir die Asylproblematik dort, wo sie hingehört – an der EU-Außengrenze.“
Der FPÖ-Chef erklärt weiters mit Bezug auf die Kandidaturverbote durch Gerichtsurteile für Marine Le Pen in Frankreich und Calin Georgescu in Rumänien, dass nicht auszuschließen sei, dass es auch in Österreich "politische Kräfte gibt, die daran bereits arbeiten". Das werde weder ihn noch seine Partei aufhalten können: "Ich fürchte mich nicht, sondern das ist im Gegenteil eigentlich eine zusätzliche Motivation, weil ich mir denke: Wie hilflos muss man eigentlich sein, wenn man zu solchen Mitteln greifen muss? Ich denke, das hat ja noch nie funktioniert. Ich kann zwar einen Reformator auf einem Scheiterhaufen verbrennen, aber ich kann nicht den Geist der Reformation ersticken.“
„Ich würde nicht ausschließen, dass es politische Kräfte gibt, die daran bereits arbeiten."“FPÖ-Chef Herbert Kicklsieht im Interview mit "Tichys Einblick" Parallelen zu Frankreich und Rumänien
Kickl sieht zudem eine immer stärker werdende Behinderung von Parteien wie der AfD und der FPÖ, unter anderem durch den "Abbau von Grundrechten und Kriminalisierung". "Das fängt damit an, dass man die Deliktspalette immer stärker ausweitet, dass man neben klar messbaren Dingen Straftatbestände einführt, die man immer als Gummiparagrafen bezeichnen muss, Hassdelikte, die natürlich Hass nur in eine Richtung definieren. Hass ist ein Gefühl, kein Delikt", so der Politiker.
Kritik gibt es auch am Vorgehen der EU, die "Millionenstrafen" über Ungarn für ihren Grenzzaun verhängen, während Polen – ebenfalls mit einem Zaun – von Strafen verschont bleibe. "Die Europäische Union schreibt in ihren Migrationspakt hinein, dass man die Außengrenzen jetzt bewachen muss, und die Ungarn bekommen Strafen genau dafür, dass sie das mit dem Zaun machen. Dieselbe EU, die diese Strafen ausspricht, schreibt in ihr Programm aber hinein, dass man eigentlich das tun muss. Das ist verlogen", so Kickl.