Freitagvormittag, Kongresssaal im Bundeskanzleramt: "Wir haben einen Gestaltungswillen", versprach Bundeskanzler Christian Stocker (VP) Freitagvormittag bei seinem Antrittspressgespräch vor 21 Journalisten. "Die Bundesregierung war sehr aktiv in den ersten Tagen. "Die Menschen erwarten, dass Entscheidungen fallen und Maßnahmen beschlossen werden", so der Kanzler.
Er verwies auf "zentrale Maßnahmen", die bereits in den ersten Tagen auf den Weg gebracht wurden: Mietpreisbremse und Aussetzen des Familiennachzugs von Migranten nach Österreich. Und, so Stocker: "Wir haben für die Wirtschaft ein Entlastungspaket für Klein- und Mittelunternehmen auf den Weg gebracht, um ein Signal zu setzen, dass klar ist, dass wir Entlastung brauchen."
Die wirtschaftliche Lage soll auch im Fokus einer Arbeitsklausur kommende Woche sein. Wie von "Heute" berichtet, kommt die Regierung am Dienstag im Kanzleramt zusammen. Experten des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) und des Instituts für höhere Studien (IHS) werden dabei sein und Maßnahmen vorschlagen.
Der Kanzler geht derzeit davon aus, dass 6,4 Milliarden Euro im Jahr 2025 eingespart werden müssen. Mit den paktierten Kürzungen soll das Auslangen gefunden werden: "Wir wollen in dieser Periode keine Vermögenssteuern neu einführen", so der Kanzler. Was die exakten Zahlen anlange, sei "vieles im Fluss".
Auch, wenn bis ein Budget steht, mit Überstunden – etwa bei der Polizei – restriktiver umgegangen werden müsse, "werden wir an der Sicherheit nicht sparen: "Wir verhandeln in den nächsten Wochen ein Doppel-Budget und müssen jetzt diese Zeit überbrücken. Im neuen Budget werden wir Mittel zur Verfügung haben, um die Sicherheit aufrecht zu erhalten."
Stocker bestätigte, dass sich ÖVP, SPÖ und Neos "darauf verständigt haben, den Klimabonus abzuschaffen". Ob es eine eine "sozial treffsichere Kompensation" brauche, werde in den Budgetverhandlungen geklärt. Der Kanzler: "Es liegt noch kein Ergebnis vor."
Die Spielräume für 2025 und 2026 seien "kleiner als wir gerne hätten, aber sie sind vorhanden", bekannte der ÖVP-Obmann ein. Aber: "Nicht alles ist nur mit Geld verbunden. Für viele Kleinunternehmer sind auch bürokratische Erleichterung eine Hilfe. Wir zeigen damit, dass wir verstehen, wo der Schuh drücken kann."
Exemplarisch führte der Regierungschef etwa die NoVA-Befreiung von Klein-Lkw "als Zeichen, dass wir den Standort fördern wollen" an. Nachsatz: "Die Wirtschaft ist schon entlastet, wenn sie wieder wirtschaften kann und Möglichkeiten geboten werden, mit weniger Hürden tätig zu sein. Die Unternehmen wissen am besten, wie sie ihr Unternehmen führen. Das braucht ihnen der Staat nicht sagen."
Ein Comeback der ausgelaufenen Strompreisbremse sei derzeit nicht geplant, so der Kanzler auf "Heute"-Nachfrage. Budgetär müssen man sich "nach der Decke strecken", um "uns wieder Spielräume zu erarbeiten". Die Strompreisbremse sei eingeführt worden, "um die Inflation zu dämpfen – und sie hat sich auch abgesenkt".
Sie laufe jetzt aus, "weil wir die finanziellen Mittel nicht auf ewig zur Verfügung habe". Stocker bekannte ein, zu "sehen, dass das schon eine Inflationswirkung hat. Vieles in der Vergangenheit war also wirksam". Kehrseite: "Die Anreize für Anbieter, die Energiekosten zu senken, sind nicht allzu hoch gelegen." Die Regierung wolle nun "Sorge tragen, dass wir durch die hohen Kosten nicht Standort gefährden und Konsumenten belasten". Stocker versprach: "Wir werden uns dem Energiemarkt widmen. Direktförderungen laufen aus, wir werden daher eine Umstellung brauchen."
Kanzler-Klartext gab es beim Thema Asyl: "Die Österreicher sehen dieses Thema als eines der drängendsten an. Jetzt sind Maßnahmen notwendig", gab sich Stocker entschlossen. Das Risiko, dass Österreich mit dem Aus des Familiennachzugs gegen EU-Recht verstoßen könnte, "sehe ich", so der Kanzler. Sein Zugang: "Das Recht ist auch dazu da, zu Lösungen zu kommen."
Das Asylrecht werde seitens der Regierung nicht in Frage gestellt, "aber der Missbrauch des Asylrechts darf deshalb keine Auswüchse und Legalisierung erfahren", erklärte der studierte Jurist. "Jene, die Schutz vor Verfolgung brauchen, werden ihn auch in Zukunft bekommen. Bei jenen, die das Asylrecht missbrauchen, um Vorteile zu erlangen, werden wir entsprechend reagieren."
Stocker betonte neuerlich, "ein Kanzler für alle Österreicher" sein zu wollen. "1,4 Millionen Wähler haben die freiheitliche Partei gewählt, rund 1,3 Millionen die Volkspartei. Diese 1,4 Millionen Wähler haben ihn ihre Entscheidung auch berechtigte Anliegen einfließen lassen." Diese – etwa im Bereich Sicherheit, leistbares Leben oder Wirtschaftsstandort – wolle er in seine tägliche Arbeit einfließen lassen. Es brauche auch "eine Gesprächsbasis zu den Freiheitlichen, weil wir Zwei-Drittel-Materien beschließen wollen".
„Kickl hat sie seine Chance nicht genützt. Das heißt aber nicht, dass es keine fünf guten Jahre werden können.“Christian StockerBundeskanzler (ÖVP)
Dann gab es noch eine Stocker-Ansage an Kickl-Anhänger: "Die Wähler der Freiheitlichen möchte ich in eine gute Zukunft mitnehmen. Herbert Kickl hatte die Möglichkeit, Bundeskanzler zu werden, er hat sie aber nicht genützt. Das heißt aber nicht, dass es keine fünf guten Jahre werden können."
Bilateral habe er "noch keine Auslandsreise geplant", Gespräche mit anderen Regierungschefs führe er derzeit im Zuge des europäischen Rats. Bei seiner neuen Anrede als Bundeskanzler "reißt es mich nicht", so Stocker, aber es ist schon ungewohnt".
Seine Frau und er würden sich im Moment "selten" sehen, Rückendeckung von daheim verspüre er dennoch: "Ich bin von meiner Frau und meiner Familie in allen Funktionen und Tätigkeiten immer unterstützt worden."