Der deutsche Bankmanager Oswald Grübel stand vier Jahre lang an der Spitze der Credit Suisse, zuvor hatte er lange Zeit die Handelssparte der ehemaligen Schweizer Großbank geführt – im Interview mit dem "Tages-Anzeiger" äußert sich der heute 81-Jährige nun über die US-Zollpolitik, die drohende Rezession und Donald Trump als Person.
Grübel traf Trump in den 1980er-Jahren in New York und kann sich noch gut erinnern, welchen Eindruck der heutige US-Präsident hinterließ: "Ich habe nie jemanden erlebt, der von sich so überzeugt war und es alle spüren ließ. Leider in einer frechen, ja beleidigenden Art", erinnert sich der Bankier.
So habe Trump als Immobilienhändler den Bankern diktiert, was sie zu tun hätten. "Ich sagte: 'Moment mal, normalerweise sagen wir, was wir wollen, und je nachdem geben wir Ihnen dann Geld'", so der ehemalige CS-Chef. Da aber die US-Banken bei Trumps Spiel mitgemacht hätten, habe man sich ebenfalls anpassen müssen. "Die USA funktionieren einfach anders, das ist vielen Europäern bis heute nicht klar – da können wir uns noch lange darüber aufregen."
Wohin die aggressive US-Zollpolitik führt, ist laut Grübel unklar: Eine Mehrheit der Amerikaner habe Trump gewählt und werde ihm dankbar sein – oder ihn eines Tages verfluchen. Dass ein großer Teil des Restes der Welt den US-Präsidenten schon heute scharf für seine Strafzölle kritisiert, sieht Oswald Grübel als Gefahr: "Seine Mitarbeiter tragen ihm garantiert alles zusammen, was in Europa über ihn gesagt wird. Ich kenne niemanden, der so nachtragend ist wie Donald Trump."
Die jüngste Verschiebung der angekündigten Zölle um drei Monate wertet Grübel nicht als Entspannungssignal, sondern als taktisches Manöver: "Es bleiben ja zehn Prozent Zölle bestehen. Jetzt hoffen viele, dass es bei der Drohung bleibt – doch das ist Wunschdenken." Vielmehr sei die temporäre Kursänderung auf den Druck der Finanzmärkte und diplomatische Interventionen zurückzuführen, insbesondere aus Europa.
Die Schweiz solle nun weiter mit Trump verhandeln. "Wir haben bei diplomatischen Diensten oft mit der US-Regierung zusammengearbeitet – als sie noch neutral war", so Grübel zum "Tages-Anzeiger". In wirtschaftlicher Hinsicht sieht Grübel düstere Zeiten auf die Welt zukommen, sollte Trump seine Zollpolitik konsequent umsetzen.
"Zölle schränken den Handel ein, drücken die Gewinne der Firmen und damit das Wachstum", erklärt er. Eine globale Rezession sei unter diesen Bedingungen nicht ausgeschlossen. "Die USA sind wirtschaftlich und militärisch die stärkste Macht der Welt, also kann sie machen, was sie will", so das bedrückende Fazit der Banking-Legende.