Stell dir vor, du gehst durch die Stadt und siehst keine einzige Werbetafel mehr. Kein McDonald's-Plakat, keine Coca-Cola-Reklame, keine nervigen Werbesprüche. Der belgische Software-Ingenieur Stijn Spanhove hat genau das möglich gemacht.
Spanhove demonstrierte seine Erfindung mit den Snap Spectacles – durchsichtigen AR-Brillen mit eigenem Betriebssystem. Die App nutzt Googles Gemini-KI, um Werbung in der Umgebung zu identifizieren.
Sobald die Brille eine Werbetafel erkennt, wird diese durch ein rotes Rechteck mit Blockier-Symbol überdeckt. "Es ist noch experimentell, aber die Vorstellung, selbst zu steuern, welche Inhalte man sieht, ist spannend", erklärt der Entwickler.
Das System funktioniert nicht nur bei grossen Werbeplakaten auf der Strasse. Auch Produktverpackungen wie Coca-Cola-Dosen, Lebensmittelverpackungen und sogar Zeitungsanzeigen werden erkannt und ausgeblendet. Im Grunde ist es wie ein Adblocker für den Browser – nur eben für die echte Welt.
Die Technologie hat allerdings noch ihre Tücken. Da die Bilderkennung über eine Datenverbindung zu Google-Servern läuft, dauert es einen Moment, bis die rote Überlagerung erscheint. Zudem kritisieren einige Test-Nutzer, dass die knallroten Rechtecke selbst störender sein können als die ursprüngliche Werbung.
Spanhove arbeitet bereits an Verbesserungen. So könnte man statt der roten Blöcke künftig eigene Inhalte einblenden. Zum Beispiel nützliche Informationen wie To-do-Listen, Familienfotos oder abstrakte Kunstwerke.
Kommt es in Kürze zum Smart-Glass-Boom? Meta verkauft bereits die Ray-Ban Meta Smart Glasses mit KI-Funktionen, Apple plant eigene AR-Brillen für 2026 und Snap will seine Spectacles ab 2026 an normale Verbraucher verkaufen.
Derzeit sind die Snap Spectacles noch hauptsächlich für Entwickler gedacht. Die nächste Generation soll dünner und leichter werden und mehr KI-Unterstützung bieten – etwa für Übersetzungen, Rezeptvorschläge oder Lernhilfen.
Experten erwarten allerdings ein Wettrüsten zwischen Werbetreibenden und Blockern. Unternehmen könnten versuchen, ihre Werbung zu tarnen oder Methoden zu entwickeln, um die Erkennung zu umgehen.
Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass Smart-Glasses-Hersteller selbst zwangsweise Werbung einblenden – etwa auf freien Wandflächen, wo sich physisch keine Reklame befinden.
Auch ethische Bedenken werden laut. Nutzer könnten nicht nur Werbung ausblenden, sondern auch Menschen oder andere Dinge, die sie stören – und so ihre eigene Filterblase in der realen Welt schaffen.
Für die Werbeindustrie, die jährlich Milliarden für Außenwerbung ausgibt, hätte dies erhebliche Folgen. Gleichzeitig zeigt die Entwicklung, dass AR-Brillen endlich praktische Anwendung finden – und damit bald den Sprung vom Insider-Gadget zum Massenprodukt schaffen könnten.
Der Real-Life-Adblocker zeigt das enorme Potenzial von AR-Brillen auf. Während Online-Werbeblocker bereits Standard sind, könnte diese Technologie das erste Mal ermöglichen, auch physische Werbung zu kontrollieren.