Klimaschutz

Klimaarchiv bedroht – Eishöhlen schmelzen dahin

Nicht nur die Gletscher, auch Eishöhlen sind vom Klimawandel bedroht. Das zeigt eine aktuelle Untersuchung von Innsbrucker Geologen.

Lydia Matzka-Saboi
Die Eisgruben-Eishöhle in Oberösterreich ist eine der acht von Innsbrucker Geologen untersuchten Höhlen in Österreich. Sie verlor in 40 Jahren zehn Meter Eis.
Die Eisgruben-Eishöhle in Oberösterreich ist eine der acht von Innsbrucker Geologen untersuchten Höhlen in Österreich. Sie verlor in 40 Jahren zehn Meter Eis.
Christoph Spötl

Weltweit gibt es mehrere tausend dokumentierte Eishöhlen, Österreich zählt zu jenen Ländern mit der größten Dichte an Eis führenden Höhlen – nur wenige allerdings sind detailliert untersucht. Forscher der Universitäten Innsbruck und Belfast haben nun über die vergangenen Jahre acht schachtförmige Eishöhlen in Tirol, Steiermark, Oberösterreich und Kärnten eingehend analysiert.

Der im Fachjournal "Scientific Reports" veröffentlichten Studie zufolge droht speziell in kleineren Höhlen das Eis bald zu verschwinden - womit auch ein wertvolles Klimaarchiv verloren geht, wie die Forscher betonen.

Bei Eishöhlen denkt man primär an bekannte Formationen wie die Eisriesenwelt in Werfen (Salzburg) oder die Dachstein-Rieseneishöhle in Obertraun (Oberösterreich) mit großen, eindrucksvollen Eislandschaften. Tatsächlich gibt es in Österreich geschätzt 1.200 eisführende Höhlen, "aber wir haben selbst nach rund 120 Jahren wissenschaftlicher Höhlenforschung noch keinen vollständigen Überblick darüber", erklärte Christoph Spötl vom Institut für Geologie der Universität Innsbruck gegenüber der APA.

Als Eishöhlen definieren die Forscher dabei Felshöhlen, die dauerhaftes Eis enthalten, also keine Gletscherhöhlen. Die meisten davon finden sich in Karstgebieten, viele sind mehr oder weniger steil abfallende Schächte, in denen sich Schnee sammelt und bei entsprechend tiefen Temperaturen zu Eis verdichtet.

    Die "Eisgruben"-Eishöhle in Oberösterreich ist eine der acht von Innsbrucker Geologen untersuchten Höhlen in Österreich. Sie verlor in 40 Jahren zehn Meter Eis.
    Die "Eisgruben"-Eishöhle in Oberösterreich ist eine der acht von Innsbrucker Geologen untersuchten Höhlen in Österreich. Sie verlor in 40 Jahren zehn Meter Eis.
    Christoph Spötl

    Eisrückgang enorm

    Die Studie zeigte, dass sich das Höhleneis ähnlich wie die Gletscher verhält: Historisch dokumentierte Gletschervorstöße wie etwa in der "Kleinen Eiszeit" zwischen etwa dem 15. und 19. Jahrhundert fallen zeitlich auch mit Zuwächsen der Eismasse in den Eishöhlen zusammen. Der Großteil des unterirdischen Eises in Österreich stammt auch aus dieser Zeit.

    Und so wie bei den Gletschern ist auch die Massenbilanz der Eishöhlen in den vergangenen Jahrzehnten klar negativ. "Wir sehen eine Geschwindigkeit des Eisrückgangs, die in keiner Periode in unserem Messzeitraum der letzten 2.000 Jahre zu beobachten war", sagte Tanguy Racine aus der Arbeitsgruppe für Quartärforschung rund um Spötl.

    Als Grund dafür nennen die Wissenschafter den Klimawandel, wobei speziell die geringeren Niederschläge im Winter und der Trend zu wärmeren Wintern – wie auch den Gletschern – dem Höhleneis zusetzen.

    Zehn Meter Eisdicke innerhalb von 40 Jahren

    Als Beispiel nennen die Forscher den Guffert-Eisschacht in Steinberg am Rofan in Tirol, wo die Höhe des Schnee- und Eiskörpers in der Höhle allein zwischen 2019 und 2021 um fast drei Meter zurückging.

    Die Eisgruben Eishöhle am Sarstein in Oberösterreich hat innerhalb von 40 Jahren zehn Meter Eisdicke verloren, der Kraterschacht im Sengsengebirge (OÖ) 20 Meter in 20 Jahren. "Besonders für die mittleren und kleineren Eishöhlen müssen wir davon ausgehen, dass sie in den nächsten Jahren bis Jahrzehnten massiv an Eismasse einbüßen oder sogar gänzlich eisfrei werden", sagte Racine.

    Mit dem Höhleneis verschwindet auch ein wertvolles Klimaarchiv. Aus diesem Grund will Spötl gezielt Eisbohrkerne aus alpinen Eishöhlen entnehmen und diese gekühlt lagern, um die darin gespeicherte Klimainformation langfristig für die Wissenschaft zu bewahren. "Das ist eine Vision, für die noch das Budget fehlt. Es wird ein Wettlauf mit der Zeit."

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