Ein Schweizer Tourist ließ bei seiner Ankunft in Wien ein Portemonnaie mit 4.000 Euro Bargeld im Taxi liegen.
Der ehrliche Chauffeur fand es, brachte es ins Hotel zurück – und erhielt 100 Euro Finderlohn. "Heute" hat berichtet. Der Finderlohn sorgt in der Community für Kritik.
In den Kommentaren heißt es etwa: "Knausrig! Zehn Prozent wären angebracht." Oder: "Hieß es früher nicht mal zehn Prozent Finderlohn? Was ist daraus geworden? Das wären 400 Euro statt 100." Die zehn Prozent scheinen als Grundregel in den Köpfen fest verankert. Auch ein weiterer User schreibt nämlich: "Ich hätte 400 Euro Finderlohn gegeben."
Die Diskussion dreht sich um eine alte Frage: Was ist ein angemessener Finderlohn und was schreibt das Gesetz eigentlich vor? Je nach Land fällt die Antwort unterschiedlich aus.
In Österreich ist der Finderlohn gesetzlich verankert. Entscheidend ist, ob ein Gegenstand verloren oder vergessen wurde:
Verlorene Sache: ZehnProzent des Werts
Vergessene Sache: Fünf Prozent des Werts
Laut dem Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) unterscheidet das österreichische Recht zwischen verlorenen und vergessenen Gegenständen.
Als verloren gilt, was jemand unbeabsichtigt verliert und das außerhalb des Einflussbereichs anderer landet – etwa ein Portemonnaie, das auf der Straße aus der Tasche fällt.
Als vergessen gilt, was unbeabsichtigt zurückgelassen wird, aber an einem Ort bleibt, der unter Aufsicht einer anderen Person steht, zum Beispiel in einem Taxi oder Zug. Wer an einem solchen Ort arbeitet oder dort wohnt, hat keinen Anspruch auf Finderlohn.
Geht man also davon aus, dass der Taxifahrer ein Angestellter ist, dann stünde ihm laut Gesetz gar kein Finderlohn zu. Nachzulesen ist die Regel hier.
Auch in Deutschland steht dem Finder ein Anspruch zu. Laut Paragraf971 BGB:
FünfProzent für den Wert bis 500 Euro
DreiProzent für den darüber liegenden Betrag
Für 4.000 Euro ergibt sich so ein Finderlohn von 130 Euro. Also mehr als der Tourist in Wien bezahlt hat, aber ebenfalls kein Vermögen.
In der Schweiz garantiert Artikel 722 des Zivilgesetzbuchs einen "angemessenen" Finderlohn. Als Faustregel gelten zehnProzent des Werts. Doch verbindliche Gerichtsurteile dazu gibt es kaum. Je höher der Betrag, desto geringer fällt der Prozentsatz oft aus. Wer eine Rolex im Wert von 35.000 Euro findet, darf also nicht automatisch mit 3.500 Euro rechnen.
Zudem gilt: Nicht jeder Fund berechtigt zum Finderlohn. Wird etwas in öffentlichen Einrichtungen, Verkehrsmitteln oder Mietliegenschaften gefunden, steht der Finderlohn unter Umständen dem Betreiber zu – und nicht der Person, die das Objekt tatsächlich entdeckt hat.
Der Wiener Taxifahrer zeigte sich übrigens selber großzügig: Er wolle die 100 Euro mit der Telefonistin im Callcenter teilen, sagte er. Die Taxizentrale überreichte ihm zusätzlich eine Geschenkbox.