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Kontroverse um Türkei-Wahl! Forscher orten Wahlbetrug

Recep Tayyip Erdogans Wahlsieg hat auch hierzulande, vor allem in Wien, hohe Wellen geschlagen. Forscher sehen erneut Anzeichen für Wahlmanipulation. 

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    Anhänger des türkischen Präsidenten Erdogan stürmten nach dessen Wahlsieg auf die Straßen.
    Anhänger des türkischen Präsidenten Erdogan stürmten nach dessen Wahlsieg auf die Straßen.
    Lesereporter

    Mit 52,2 Prozent der Stimmen setzte sich der amtierende türkische Präsident, Recep Tayyip Erdogan, gegen seinen Stichwahl-Widersacher Kemal Kilicdaroglu durch. Besonders bei Auslandstürken erfreut sich der alte und neue Präsident des Landes hoher Beliebtheit, hier erreichte er fast 60 Prozent, in Österreich gar 74 Prozent. Am Abend seines Triumphs sorgten seine Anhänger in Wien für Furore, indem Auto-Korsos den Verkehr lahmlegten und Rechtsradikale aufmarschierten – "Heute" berichtete. Wie auch schon bei der letzten Wahl werden nun Vorwürfe der Manipulation laut. 

    Schon 2017 und 2018 identifizierten die Wiener Komplexitätsforscher des Complexity Science Hub (CSH) klare Indizien für Wahlbetrug zugunsten Erdogans. Betrachtet man nun den ersten Wahlgang am 14. Mai, traten dem Team des CSH zufolge in 2,4 Prozent der Wahlkreise statistisch äußerst unwahrscheinliche positive Ergebnisse für den Amtsinhaber auf. Das erläutern die Forscher in einem neuen "Policy Brief". 

    Einschüchterung

    Seit Jahren beschäftigen sich die Wissenschaftler damit, wie sich unlauterer Druck auf Wähler ("Voter Rigging") und illegales Mehrfachwählen ("Ballot Stuffing") methodisch nachweisen lassen. Bei ersterem werden Wahlberechtigte zu einer bestimmten Wahl genötigt, indem körperliche Gewalt oder der Arbeitsplatzverlust angedroht werden. Um diese Aspekte der Manipulation nachzuweisen, haben die Komplexitätsforscher um Peter Klimek vom CSH und der Medizinischen Universität Wien einen Schnelltest entwickelt. Bereits 2012 präsentierten Klimek und CSH-Chef Stefan Thurner eine Methode zum Erkennen von illegalem Mehrfachwählen. 

    Im Vergleich zur letzten Wahl gingen die Fälle von illegaler Mehrfachwahl deutlich zurück: 2018 fanden die Forscher Hinweise auf Irregularitäten in 8,5 Prozent der Wahlkreise. Dieses Mal erschienen mit 2,4 Prozent deutlich weniger höchst verdächtig, dass es dort zu "Ballot Stuffing" gekommen ist. 

    "Statistisch signifikante Hinweise" auf Manipulation

    Außerdem fanden sie "kleine, aber statistisch signifikante Hinweise" auf Wählermanipulation. Hauptsächlich in Gebieten mit wenigen und kleineren Wahllokalen konnten zum Teil deutlich erhöhte Wahlbeteiligungszahlen und ebenso hohe Stimmenanteile pro Erdogan entdeckt werden, was zum Beispiel auf Einschüchterungsstrategien hinweisen könnte. Für Klimek und Thurner weisen die neuen Ergebnisse "darauf hin, dass es bei den Wahlen in der Türkei weiterhin zu statistischen Unregelmäßigkeiten kommt, die auf Wahlbetrug hindeuten könnten".

    2018 zeigten die Forscher, dass die Unregelmäßigkeiten Erdogan erst die absolute Mehrheit verschafften. Dieses Mal war die Verschiebung jedoch kleiner. Erdogan verfehlte die absolute Mehrheit im ersten Durchgang noch knapp. 

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