Spätestens seit ihrem Einmarsch in Beirut 2008 und dem darauffolgenden Doha-Abkommen, das die Hisbollah zu einem Mitglied der libanesischen Proporz-Regierung machte, ist die vom Iran finanzierte schiitische Miliz die eigentliche Macht im multikonfessionellen Libanon. Ohne ihre Zustimmung kann die Regierung in dem Land nichts umsetzen.
Doch nach der demütigenden Niederlage der Hisbollah in den Kämpfen gegen Israel (Stichwort: Pager- und Funkgeräte-Explosionen und Tötung des charismatischen Langzeit-Anführers Hassan Nasrallah im Vorjahr) sowie der Schwächung des Irans durch die gezielten Tötungen hochrangiger Militärs und der israelischen und US-amerikanische Luftangriffe auf das Atomprogramm soll sich das nun ändern.
Die libanesische Regierung hat nun die Armee beauftragt, einen Plan zur Entwaffnung der Miliz bis Jahresende auszuarbeiten. Es wäre ein weiterer schwerer Schlag gegen die anti-israelische "Achse des Widerstands" des Irans in der Region. Die Hisbollah, die nach wie vor etwa 20.000-30.000 Mitglieder unter Waffen hat, hat bereits klargestellt die Ankündigung zu ignorieren.
Die Führung des Libanon habe mit ihrer Entscheidung eine – so wörtlich – "schwere Sünde" begangen, sagte Hisbollah-Chef Qassem. Die Hisbollah werde fortfahren, als existiere der Entwaffnungsbeschluss nicht.
Die libanesische Armee ist zwar auf dem Papier mit schätzungsweise um die 80.000 Mann stärker, aber da die Hisbollah Teil der libanesischen Regierung ist wurde einer Konfrontation in den letzten Jahren stets aus dem Weg gegangen. Daher scheiterte auch jede Vereinbarung über eine Pufferzone entlang der Grenze zu Israel, da die libanesische Armee diese nicht durchsetzen konnte.
Hisbollah-Chef Kassim hatte zuvor bekräftigt, dass seine Organisation keinem Zeitplan zustimmen werde, solange Israels Angriffe im Libanon andauerten und dessen Truppen nicht aus dem Süden abgezogen seien. Israel begründet die Angriffe damit, dass die Hisbollah im südlichen Libanon weiterhin eine Bedrohung darstelle.