Gesundheit

Corona-Positive im Betrieb – das sagt der Rechtsexperte

Ab 1. August 2022 darf trotz positivem Corona-Test zur Arbeit gegangen werden. Arbeitsrechtsexperte Philipp Brokes sieht dabei einige Schwierigkeiten.

Christine Scharfetter
Philipp Brokes, Jurist bei der Arbeiterkammer Wien, klärt in "Heute" auf.
Philipp Brokes, Jurist bei der Arbeiterkammer Wien, klärt in "Heute" auf.
iStock, Arbeiterkammer Wien

Es ist fix: Die Corona-Quarantäne wird mit 1. August 2022 durch Verkehrsbeschränkungen ersetzt. Das bedeutet, wer infiziert ist, darf weiterhin auf die Straße und sogar Lokale, Kino und den Arbeitsplatz besuchen – mit FFP2-Maske. Eine Entscheidung, die schon jetzt Experten große Sorgen bereitet, in der Bevölkerung für einen Aufschrei sorgt und Betriebe vor eine neue Herausforderung stellt.

Welche und wie sich der Arbeitnehmer jetzt noch schützen kann, hat "Heute" bei dem Arbeitsrechtsexperten Philipp Brokes von der Arbeiterkammer Wien nachgefragt:

Welche Konsequenzen hat ein Quarantäne-Aus aus arbeitsrechtlicher Sicht?
Philipp Brokes: Die neue Verordnung wirft mehr Fragen auf als sie Antworten liefert. Problematisch dabei ist, dass damit arbeitsrechtliches Neuland betreten wird, für das es weder klare Gerichtsentscheidungen gibt, noch überzeugende Lehrmeinungen. Die Absicht der Bundesregierung ist klar: die Wirtschaft beklagt Personalausfälle, also soll die verpflichtende Quarantäne abgeschafft werden. Damit wird man es zwar in der Tat schaffen, Menschen in den Betrieben zu halten, der Preis dafür dürfte aber nicht von allen zu Ende kalkuliert worden sein. Die Unsicherheit vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sich am Arbeitsplatz von infizierten KollegInnen anzustecken, Konflikte innerhalb der Belegschaft bei Anwesenheit positiv Getesterer in Großraumbüros Seite an Seite etwa neben Risikopersonen und nicht zuletzt starke Bedenken, nach einer nur halbherzigen Genesung von Long-Covid betroffen zu sein, sind nur einige Ängste, die sich negativ auf die Produktivität und damit auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirken können.

"Der Preis dafür dürfte aber nicht von allen zu Ende kalkuliert worden sein."

Können Arbeitgeber ihre Mitarbeiter zwingen, mit einer Corona-Infektion arbeiten zu gehen?
Wir wissen, dass nicht wenige Arbeitgeber noch vor der Pandemie oftmals kranke Beschäftigte – etwa unter Androhung einer Kündigung – dazu bewegten, mit Krankheitssymptomen in den Betrieb zu kommen. Warum soll das jetzt anders sein? Zwar sind Personen, die von einem Arzt krankgeschrieben werden, offiziell arbeitsunfähig und damit „entschuldigt“ am Dienst verhindert, aber wer sagt, dass sich tatsächlich alle, die es eigentlich müssten, auch tatsächlich krankmelden werden? Es wäre jedem Arbeitgeber zu empfehlen, infizierten MitarbeiterInnen eine Genesung zu ermöglichen und sie nicht zum Dienst einzuteilen. Die Praxis lässt aber befürchten, dass das von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich gehandhabt wird.

Und umgekehrt? Kann der Arbeitnehmer darauf bestehen, in die Arbeit zu kommen?
Wenn ein Arbeitgeber ein Schutzkonzept einführt, das besagt, dass infiziertes Personal zu Hause bleiben soll, ist es als Hausordnung zu interpretieren und entsprechend zu befolgen. Ein einzelner Arbeitnehmer wird rein rechtlich also nicht gegen den Willen des Arbeitgebers in den Betrieb kommen können.

Angst berechtigt nicht Zuhause zu bleiben

Kann ich mich weigern, in die Arbeit zu kommen, wenn Corona-Infizierte anwesend sind – Vorerkrankung hin oder her?
In der Regel nicht, weil diese Infizierten ja erlaubterweise im Betrieb anwesend sind, solange sie die vorgeschriebene Verkehrsbeschränkung einhalten. Eine Vorerkrankung, die Zugehörigkeit zur Risikogruppe oder ein völliges Außerachtlassen der Fürsorgepflicht durch den Arbeitgeber könnte rechtlich aber tatsächlich spannend werden, wenn nämlich eine unmittelbare Gefahr für Leben oder Gesundheit droht. Diese Einzelfälle wird es geben, allerdings ist damit keineswegs all jenen geholfen, die zwar keine Vorerkrankungen haben, aber schlicht Angst haben, von infizierten KollegInnen angesteckt zu werden. Ein pauschales „Dienstverweigerungsrecht“ würde ich in diesem Fall allerdings nicht erkennen.

"Diese Personen müssen weiterhin in häusliche Quarantäne."

Wer trägt die Verantwortung, wenn der infizierte Arbeitnehmer keine Maske tragen möchte?
Wer trotz Verkehrsbeschränkung keine Maske trägt, obwohl er es könnte, begeht eine Verwaltungsübertretung nach dem Epidemiegesetz, für die Geldstrafen von bis zu 1.450 Euro, im Wiederholungsfall sogar bis zu 2.900 Euro drohen. Zusätzlich erfüllt man in der Regel auch einen Tatbestand nach dem Strafgesetzbuch, wofür wiederum Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren drohen. Das gilt übrigens auch für einen Arbeitgeber, der verkehrsbeschränkte Arbeitnehmer ohne Maske trotz Anwesenheit anderer KollegInnen in den Betrieb lässt.

Was, wenn aus gesundheitlichen Gründen keine Maske getragen werden kann?
Kann die Maske aus gesundheitlichen Gründen nicht getragen werden, bleibt die Rechtslage nahezu unverändert: diese Personen müssen weiterhin in häusliche Quarantäne.

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