Gesundheit

Heilung in Sicht? Zwei neue Arzneien gegen Endometriose

In Großbritannien werden demnächst 2 neue Wirkstoffe gegen Endometriose getestet, die bislang unheilbar ist: Ein Antikörper und ein Krebsmedikament. 

Sabine Primes
Die Schmerzen bei Endometriose gehen über ein erträgliches Maß weit hinaus.
Die Schmerzen bei Endometriose gehen über ein erträgliches Maß weit hinaus.
Getty Images/iStockphoto

Endometriose ist eine chronische Erkrankung, für die es keine Heilung gibt und die zu lähmenden Schmerzen und Unfruchtbarkeit führen kann – aber vielleicht gibt es endlich Hoffnung auf neue Behandlungsmöglichkeiten. Dank jüngster Durchbrüche in unserem Verständnis der Erkrankung besteht die Hoffnung, dass Versuche mit zwei neuen Behandlungen den Patientinnen lang anhaltende Linderung verschaffen können. 

Bei der Endometriose siedelt sich Gebärmutterschleimhaut, die sich normalerweise ausschließlich in der Gebärmutter befindet, auch außerhalb davon an – etwa auf den Eierstöcken, in der Blase oder im Darm. Man spricht dann von Endometriose-Herden. Da diese Herde – wie auch die Schleimhaut innerhalb der Gebärmutter – östrogenabhängig sind, werden sie im Rahmen des monatlichen Menstruationszyklus abwechselnd aufgebaut und mit einer kleinen Blutung wieder abgestoßen. Die Schleimhaut der Herde und deren Blut können jedoch nicht – wie bei der Menstruation – über die Scheide ausgeschieden werden. Manche Herde können vom Körper abgebaut werden, manche nicht. 
Die Gewebereste und das Blut der Endometriose-Herde können Entzündungen und Verklebungen oder Verwachsungen auslösen, die mehr oder weniger starke Schmerzen verursachen können. 
Warum Endometriose entsteht, ist noch nicht bekannt. 

Aktuelle Behandlungsmöglichkeiten

Die derzeitige Standardbehandlung besteht in der Einnahme von Hormonpräparaten, darunter die kombinierte Antibabypille, die reine Progesteronpille und Verhütungsimplantate. Diese Medikamente begrenzen oder stoppen die körpereigene Produktion von Östrogen – dem Hormon, das das Gewebe zum Wachsen und Ausscheiden anregt. Da diese Behandlungen jedoch die Menstruation aussetzen, sind sie für Frauen, die versuchen, schwanger zu werden, nicht geeignet. Außerdem können reine Progesteronbehandlungen zu einer Gewichtszunahme führen. Ein chirurgischer Eingriff zur Entfernung des Narbengewebes kann zwar die Symptome lindern, doch kehrt der Zustand häufig zurück.

Bei der<strong> Endometriose</strong> siedelt sich Gebärmutterschleimhaut, die sich normalerweise ausschließlich in der Gebärmutter befindet, auch außerhalb davon an – etwa auf den Eierstöcken, in der Blase oder im Darm.&nbsp;
Bei der Endometriose siedelt sich Gebärmutterschleimhaut, die sich normalerweise ausschließlich in der Gebärmutter befindet, auch außerhalb davon an – etwa auf den Eierstöcken, in der Blase oder im Darm. 
Getty Images/iStockphoto

Dichloracetat gegen Narbenbildung und Schmerzen

Das eine Medikament, Dichloracetat (DCA), soll zur Verringerung von Narbenbildung und Schmerzen dienen. DCA wird bereits zur Behandlung einiger Tumore eingesetzt. Der Einsatz von DCA bei Endometriose wird derzeit an der Universität Edinburgh untersucht: Es wird vermutet, dass es Laktat reduziert, eine Substanz, die von Muskeln und roten Blutkörperchen produziert wird und die Untersuchungen zufolge bei Frauen mit Endometriose erhöht ist. "Wenn man gezielt auf das Laktat einwirkt, können Läsionen und Schmerzen verringert werden", erklärt Andrew Horne, Professor für Gynäkologie, der die Forschungsarbeiten in Edinburgh leitet. Frühere Experimente im Labor haben gezeigt, dass Laktat eine Umgebung schafft, die die Entwicklung und das Wachstum von Endometriose fördert. Als diese Endometriosezellen mit DCA behandelt wurden, sank die Laktatproduktion auf ein normales Niveau und die Größe der Endometrioseherde verringerte sich. In einer neuen Studie werden 100 Frauen zwölf Wochen lang zweimal täglich DCA-Tabletten einnehmen.

Antikörper AMY109

Eine der neuen Behandlungen, die derzeit erprobt werden, ein Antikörper namens AMY109, konnte bei Affen die Entzündung verringern und die Endometriose teilweise rückgängig machen. Laut einer in der Fachzeitschrift Science Translational Medicine veröffentlichten Studie wurde dabei weder der Menstruationszyklus gestört noch eine Gewichtszunahme verursacht. AMY109 blockiert ein Entzündungsprotein (Interleukin-8), das von einem Gen produziert wird, das nach Erkenntnissen japanischer Forscher im Endometriosegewebe aktiver ist.

In einer sechsmonatigen Studie mit 17 Affen mit chirurgisch induzierter Endometriose halbierte sich das Narbengewebe bei denjenigen, die monatliche AMY109-Injektionen erhielten. In der Gruppe, die eine Scheinbehandlung erhielt, wuchs das abnorme Gewebe weiter. Die Studie ergab, dass AMY109 keinen Einfluss auf den Menstruationszyklus oder das Gewicht hatte. Chugai Pharmaceutical, die den Antikörper entwickelt haben, führt nun eine Studie mit AMY109 an menschlichen Freiwilligen durch. 

"Wahrscheinlich mehrere Ursachen"

Dieser Meinung ist auch Ertan Saridogan, Professor für gynäkologische Chirurgie am University College London. Die Verringerung der Narbenbildung durch AMY109 sei besonders interessant. "Mit den bisher verfügbaren Behandlungen waren wir nicht in der Lage, die Narbenbildung zu bekämpfen, die sich bereits gebildet hatte, und wir waren auf chirurgische Eingriffe beschränkt, um dies zu beheben", sagt er. Laut Saridogan hat die Endometriose "wahrscheinlich mehrere Ursachen", so dass eine Heilung nicht unmittelbar bevorsteht. Die Wissenschaft macht jedoch große Fortschritte, und es ist nicht ausgeschlossen, dass sich in den nächsten fünf bis zehn Jahren etwas ändern wird.