Terror in Wien

Bericht der U-Kommission zu Anschlag bleibt geheim

Hätte der Anschlag in Wien verhindert werden können? Diese Frage wird nun eine Untersuchungskommission klären.

Leo Stempfl
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Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP)
Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP)
picturedesk.com

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und Justizministerin Alma Zadić (Grüne) präsentierten am Donnerstag die Untersuchungskommission zum Terroranschlag in der Wiener Innenstadt. Immer wieder tauchten neue Ermittlungspannen und Kritik am Vorgehen der Behörden auf, nun soll geklärt werden, ob der Anschlag gar hätte verhindert werden können. 

Der Täter hatte an jenem Tag, an dem die Observationen durch das LVT eingestellt wurden, versucht in der Slowakei Munition zu kaufen. Auf die darauf folgenden Warnungen der slowakischen Beamten wurde nach aktuellem Wissensstand nicht reagiert. Zudem hatte der Terrorist engen Kontakt zu Extremisten aus Deutschland und der Schweiz, die er auch in Wien traf. Die Justiz wurde von alldem nicht in Kenntnis gesetzt. Elf Tage nach dem Anschlag ist nun weiterhin unklar, wie der Terrorist an den Tatort kam oder ob es Komplizen gab.

Ingeborg Zerbes wird Leiterin

Am Mittwoch konnte schließlich bestätigt werden, dass der Begleiter des Täters in der Slowakei jener Mann war, auf dessen Mutter das Leihauto gemietet wurde. 

Wer die U-Kommission leiten wird, sickerte ebenfalls bereits am Mittwoch durch. Wie "Heute" erfuhr, fiel die Wahl auf die Strafrechtsprofessorin Ingeborg Zerbes. Sie habilitierte zu dem Thema "Spitzeln, Spähen, Spionieren - Sprengung strafprozessualer Grenzen durch geheimen Zugriff auf Kommunikation" und verbrachte acht Jahre an der Universität Bremen.

Teil-Ergebnis in vier Wochen

Vier Wochen nach Aufnahme der Tätigkeit soll ein erster Bericht vorliegen. Dieser wird untersuchen, wie die Behörden in den Monaten vor dem Anschlag auf Warnungen und Hinweise reagierten und ermittelten. Gegenstand wird auch das Deradikalisierungsprogramm und die Bewährung des Attentäters sein. Schlussendlich soll durch einen chronologischen Bericht ein guter Überblick möglich sein.

Geheimhaltung

Dieser erste Bericht sowie der Endbericht Ende Jänner sollen nicht veröffentlicht werden. Allerdings wird Ersterem ein "unter besonderer Berücksichtigung von Verschwiegenheits- und datenschutzrechtlichen Verpflichtungen zur Veröffentlichung geeigneter Bericht beigefügt werden", heißt es im Regierungsbeschluss. Auf Basis rechtlicher Vorgaben werde man entscheiden, welche Teile des Berichts veröffentlicht werden und welche nicht.

Ingeborg Zerbes erhält dabei Unterstützung von vier weiteren Experten. Zur Kommission gehören auch der frühere Generalprokurator Werner Pleischl, der ehemalige Generaldirektor für öffentliche Sicherheit Herbert Anderl, Universitätsprofessor für Staats- und Verwaltungsrecht Franz Merli sowie der ehemalige Münchner Polizeipräsident Hubertus Andrä.

Kritik an Unabhängigkeit

Zadić, Nehammer und Vorsitzende Zerbes betonen stets die Unabhängigkeit der Kommission. "Nur so können wir die richtigen Schlussfolgerungen ziehen", sagt die Justizministerin. Völlig anders sehen das die Oppositionsparteien, die starken, parteipolitischen Einfluss sehen. SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried kritisiert etwa, dass die Kommission von der Regierung allein und ohne Einbindung des Parlaments besetzt wurde.

Eine fatale Prognose stellt auch NEOS-Verteidigungssprecher Douglas Hoyos. Eine "Kommission, die von der Regierung eingesetzt wird, als Mitglieder zum Teil ehemalige höchstrangige Beamte mit klarer Parteizugehörigkeit hat und nur den zu untersuchenden Ministerien Bericht erstatten soll, kann nicht unabhängig sein".

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    Kickl als Sündenbock

    Der Disput zwischen den vormaligen Regierungspartnern FPÖ und ÖVP findet auch an dieser Stelle wieder Aufwind. FPÖ-Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer ist vor allem die Nominierung des ehemaligen Generaldirektors für öffentliche Sicherheit, Herbert Anderl, ein Dorn im Auge. "Anderl ist ein Mann des später wegen Korruption verurteilten Ex-Innenministers (Anm.: Ernst) Strasser und war tief in dessen schwarzes Umfärbenetzwerk verstrickt", so Amesbauer.

    Bereits zuvor reagierte Innenminister Nehammer auf Kritik am BVT mit der Behauptung, der frühere Innenminister Herbert Kickl habe dieses "nachhaltig geschädigt (...), um nicht zu sagen zerstört". In einer Aussendung aus dem Jahr 2018 wurde hingegen in Bezug auf das BVT behauptet: "Das Vorgehen von Innenminister Herbert Kickl war selbstverständlich mit der neuen Volkspartei abgestimmt und akkordiert."

    Trotz aller Pannen und behördlichen Fehlern vor dem Anschlag schließt Nehammer einen Rücktritt kategorisch aus, das widerspräche seinem Verständnis von "politischer Verantwortung".

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