Es gibt Spiele, bei denen genügt ein kurzer Blick auf das Cover, und sofort sind Millionen von Erinnerungen geweckt. "Mario Kart" ist eines dieser Spiele. Seit dem Debüt auf dem Super Nintendo 1992 gehört die Reihe zu den populärsten und langlebigsten Serien der Videospielgeschichte. Jedes neue "Mario Kart" ist ein Ereignis, jede Ankündigung ein Feuerwerk. Nun steht mit "Mario Kart World" der erste große Serienbeitrag auf der brandneuen Nintendo Switch 2 an – und er verspricht nicht weniger als eine Revolution. Im folgenden Testbericht nehmen wir das neue Switch-2-Abenteuer bis ins kleinste Detail unter die Lupe.
"Mario Kart World" bricht mit alten Traditionen und etabliert eine neue Grundidee: Die gesamte Welt wird zur Rennstrecke. Während frühere Spiele sich vor allem auf das Pilzkönigreich und einige abstrakte Fantasie-Schauplätze konzentrierten, verlagert der neueste Ableger das Geschehen auf eine globale Bühne. Dabei verzichtet Nintendo nicht auf die typische Verspieltheit, sondern verwandelt echte Städte, Landschaften und Regionen in schrille und interaktive Kurse. New York City, Venedig, Kairo, Buenos Aires, Seoul – jede dieser Städte wird mit viel Liebe zum Detail, aber auch mit viel Augenzwinkern ins Mario-Universum integriert.
Die neue Kampagne "World Tour" ersetzt nicht etwa das klassische Cup-System, sondern erweitert es. So reist man auf einer interaktiven Weltkarte von Kontinent zu Kontinent und schaltet neue Strecken, Charaktere, Items und Modi frei. Die Kampagne ist in Kapitel unterteilt und bietet neben Standardrennen auch Spezialaufgaben, Missionen, Minispiele und sogar Bosskämpfe. Ein Novum: In vielen Kursen verändert sich das Streckendesign während der Rennen. So kann es passieren, dass bei einem Lauf durch Mumbai plötzlich ein Monsun aufzieht oder dass in San Francisco ein Erdbeben Teile der Strecke einstürzen lässt.
Diese dynamischen Events bringen nicht nur visuelle Abwechslung, sondern stellen auch fahrerisch neue Herausforderungen dar. Die neue Hardware der Nintendo Switch 2 hebt "Mario Kart World" indes technisch auf ein ganz neues Niveau. Erstmals läuft ein "Mario Kart"-Titel mit nativer 4K-Auflösung im Dock-Modus. Im Handheld-Betrieb sind es immerhin stabile 1080p bei konstanten 60 Bildern pro Sekunde. Möglich macht das ein neuer NVIDIA-Chip, der auf DLSS-ähnliche Technologien zurückgreift. Das Resultat sind gestochen scharfe Texturen, detaillierte Umgebungen, realistische Licht- und Schatteneffekte sowie butterweiche Animationen.
Besonders in den Nintendo-Versionen von Städten wie Tokio oder Paris glänzt das Spiel mit einer Dichte an Details, die man so bisher nicht von Nintendo kannte. Reflexionen in Pfützen, glitzernde Schnee-Effekte in Lappland, brennende Ölfelder im Wüstenkurs von Katar – all das trägt zur Immersion bei. Ein echtes Highlight ist das neue Wettersystem. Regen, Schnee, Nebel, Sandstürme und sogar Tag-Nacht-Wechsel sorgen nicht nur für optische Vielfalt, sondern verändern auch das Fahrverhalten. Besonders ambitioniert: Manche Wettereffekte entstehen dynamisch während eines Rennens und können den Spielverlauf drastisch beeinflussen.
Trotz aller technischen Fortschritte bleibt der Kern des Spiels vertraut. Es geht nach wie vor darum, in wilden Rennen gegen eine bunte Truppe aus Nintendo-Figuren anzutreten und sich mit Items, Drifts und Boosts einen Platz auf dem Podium zu sichern. Aber unter der Haube hat sich vieles getan. Ein neues Physiksystem sorgt für spürbar realistischeres Fahrverhalten. Fahrzeuge haben unterscheidbare Traktionen, Tempos und Beschleunigungen. Auch Drifts sind neu. Kurvendrifts sind anspruchsvoller, aber lohnender – perfekt ausgeführt, schalten sie kurze "Superskills" frei, die Effekte wie Magnetfelder oder kurzzeitige Unsichtbarkeit aktivieren.
Ein weiteres Highlight ist das sogenannte "Synergie-Item-System". Bestimmte Items lassen sich kombinieren – zum Beispiel ein grüner Panzer und ein Turbo-Pilz, um einen explosiven Hochgeschwindigkeitsangriff zu starten. Es braucht dafür aber Übung und Timing, denn die Kombination erfolgt über ein separates Menü, das im Renntempo schwer zu bedienen ist. Neben dem klassischen Grand-Prix-Modus bietet "Mario Kart World" eine Vielzahl neuer und überarbeiteter Spielmodi. In der World Tour reisen Spieler mit Mario & Co. um die Welt, lösen Rätsel, bestreiten Bossrennen und erleben eine humorvolle, teils sehr emotionale Geschichte.
Der Modus Battle Planet wiederum zeigt sich als eine erweiterte Version des Battle-Modus mit globalen Arenen, neuen Waffen wie Bumerang-Granaten und Phantomminen, und asymmetrischen Spielmodi wie "King of the Kart". Der Tag-Team-Koop lässt zwei Spieler gemeinsam ein Fahrzeug steuern – einer fährt, einer bedient die Items. Ideal für Couch-Koop oder Online-Koop mit Voice-Chat. Und die Simulation Challenge schließlich: Diese richtet sich an Einzelspieler, für die es erstmals auch einen Simulationsmodus mit extrem hoher Fahrphysik-Genauigkeit gibt – ohne Items, aber mit überraschend realistischer Rennstrategie.
Online wie offline liefert "Mario Kart World" endlich den Multiplayer, den sich viele seit Jahren gewünscht haben. Im lokalen Modus können bis zu acht Spieler über WLAN gemeinsam Rennen bestreiten. Online sind bis zu 16 Spieler gleichzeitig möglich. Die Serverstruktur wurde komplett überarbeitet – Lags und Verbindungsabbrüche gehören endlich der Vergangenheit an. Erstmals gibt es auch eine "Clubliga", in der sich Spieler zu Teams zusammenschließen, eigene Logos und Farben wählen und gemeinsam in Saison-Wertungen aufsteigen können. Turniere, Ranglisten, wöchentliche Herausforderungen und Weltmeisterschaften runden das Angebot ab.
Die Charakterauswahl wurde ebenfalls erweitert. Neben den üblichen Verdächtigen (Mario, Luigi, Peach, Bowser, Toad) sind auch neue Fahrer dabei: Pauline ("Super Mario Odyssey"), Rabbid Luigi (Ubisoft-Kollaboration), Kamek (aus "Paper Mario"), Birdo, Baby Daisy sowie Funky Kong und viele mehr. Insgesamt stehen 42 Charaktere zur Auswahl, viele davon freischaltbar über die World Tour oder spezielle Herausforderungen. Bei den Fahrzeugen (auch Hoverbikes, Magnetgleiter, Jet-Skis) ist die Anpassung jetzt so umfangreich wie nie: Fahrgestell, Reifen, Spoiler, Farben, Sticker – alles lässt sich anpassen und beeinflusst die Werte spürbar.
Der Soundtrack von "Mario Kart World" ist ein echtes Meisterwerk. Jedes Land, jede Strecke hat ihre eigene musikalische Untermalung – oft mit traditionellen Instrumenten und Stilelementen des jeweiligen Kulturkreises. Dabei bleiben die Stücke immer im typischen Nintendo-Stil: verspielt, energiegeladen und ohrwurmverdächtig. Die dynamische Musik passt sich dem Renngeschehen von "Mario Kart World" an – bei Tempowechseln oder Finalrunden wechselt der Track in eine intensivere Variante. Auch die Soundeffekte wurden überarbeitet und sorgen für deutlich mehr Wucht und Präsenz, besonders bei Explosionen oder Boosts.
So beeindruckend "Mario Kart World" auch ist – es gibt einige kleinere Kritikpunkte. Der neue Storymodus ist ambitioniert, aber nicht immer gut ausbalanciert. Einige Aufgaben wirken redundant oder ziehen sich unnötig in die Länge. Auch die KI ist stellenweise frustrierend stark – besonders in höheren Schwierigkeitsgraden. Dennoch: "Mario Kart World" ist nicht einfach nur ein weiteres Kapitel der Erfolgsserie – es ist ein Quantensprung. Die weltweiten Strecken, die technische Brillanz, die durchdachten Neuerungen und die schiere Menge an Inhalten machen diesen Titel zum besten "Mario Kart" aller Zeiten. Nintendo gelingt hier das Kunststück.