Inmitten der endlosen Wüsten von Arrakis entfaltet sich mit "Dune: Awakening" von Entwickler und Publisher Funcom ein PC-Spiel, das auf den ersten Blick vertraut wirkt, aber unter der Oberfläche viel Tiefe, politisches Ränkespiel und erbarmungsloses Überleben offenbart. Doch gelingt dieser Spagat zwischen Lizenzliebe und Gameplay-Realität? Wir haben uns mit Schweiß auf der Stirn, Sand in den Stiefeln und Spice im Gepäck in die Welt von "Dune: Awakening" gestürzt – und kehren mit einem umfassenden Erlebnisbericht zurück.
"Dune: Awakening" ist das erste große PC-MMO, das sich ausschließlich dem Dune-Universum widmet. Entwickelt wurde es vom norwegischen Studio Funcom, das sich mit Spielen wie "Conan Exiles" bereits einen Namen im Survival-Genre gemacht hat. Der Titel basiert lose auf den Romanen von Frank Herbert, zieht aber auch Inspiration aus den Filmen, insbesondere Denis Villeneuves Kinoadaptionen. Die künstlerische Gestaltung, die politische Atmosphäre und der Soundtrack greifen diese modernen Interpretationen auf, ohne die Wurzeln zu vergessen.
Das Szenario von "Dune: Awakening" ist Fans längst bekannt: Auf Arrakis – einem trockenen, brutalen und lebensfeindlichen Wüstenplaneten – dreht sich alles um das Spice, eine bewusstseinserweiternde Substanz, die interstellare Raumfahrt und viele gesellschaftliche Systeme überhaupt erst möglich macht. Die Kontrolle über das Spice ist gleichbedeutend mit Macht – und genau darum kämpfen auf Arrakis diverse Fraktionen, darunter Harkonnen, Fremen, Schmuggler und natürlich neu ankommende Spieler und Spielerinnen.
Der Einstieg in "Dune: Awakening" ist atmosphärisch stark inszeniert. Schon die Charaktererstellung lässt die Qualität der Produktion erahnen. Man wählt nicht nur Geschlecht und Aussehen, sondern entscheidet sich auch für eine Herkunft (z.B. "Kolonist", "Schmuggler" oder "Sohn eines Adelshauses"), was Auswirkungen auf Startressourcen, Beziehungen zu Fraktionen und sogar Dialogoptionen hat. Anschließend beginnt der Überlebenskampf in der Wüste – und Zeit zum Durchschnaufen hat man so gut wie keine.
Statt eines klassischen Tutorials wird man von Ereignissen geleitet: Sandstürme, Spice-Blow-Ausbrüche, Begegnungen mit NPCs. Wer nicht aufpasst, verdurstet binnen Minuten. "Dune: Awakening" macht schnell klar: Dies ist kein Wohlfühl-Sandbox-Spiel – hier geht es ums Überleben. Das Grundgerüst ist ein typisches Survival-Spiel: Man startet mit fast nichts, sammelt Ressourcen, errichtet erste Behausungen, kämpft gegen Kreaturen – oder andere Spieler. Doch Funcom kombiniert den Aufbau mit MMO-Elementen à la "Eve Online" oder "Rust".
Die persistente Welt von Arrakis ist in sogenannte "Zones" unterteilt, in denen Dutzende Spieler und Spielerinnen gleichzeitig aktiv sind. Hier geht es nicht nur um Loot und PvE, sondern auch um Einfluss, Besitzansprüche, territoriale Kontrolle und Allianzen. Clans können Gebiete beanspruchen, Spice-Felder verteidigen und sogar politische Macht ausüben. Es gibt einen sozialen Rangbaum, der sich durch Diplomatie, Intrigen und öffentliche Reputation beeinflussen lässt. Die Komplexität ist gewaltig, wirkt anfangs sogar überwältigend.
Die Spielwelt verändert sich dabei dynamisch. Sandstürme können ganze Regionen verschütten oder neue Spice-Vorkommen freilegen. Solche Ereignisse führen regelmäßig zu Eskalationen unter Spielern – und plötzlich hat das Spiel die Atmosphäre eines Westerns mit Sci-Fi-Note. Basisbau funktioniert modular: Spieler können Außenposten errichten, bestehend aus Schutzkuppeln, Lagereinheiten, Solargeneratoren und Spice-Verarbeitungsanlagen. Der Bauplatz ist durch topografische Gegebenheiten und Witterung begrenzt
Es gilt, strategisch zu planen, besonders in PvP-Gebieten. Jede Station ist ausbaubar, benötigt jedoch Ressourcen und Arbeitskraft. Im Tech-Tree erforscht man neue Werkzeuge, Waffen, Kleidung, Fahrzeuge und Spice-Extraktionsmethoden. Besonders spannend: Je nach Fraktionsbindung und Hintergrundgeschichte öffnen sich unterschiedliche Forschungspfade. Während ein Schmuggler etwa Drohnen und schwarze Märkte optimiert, spezialisiert sich ein Adelsabkömmling auf politische Manipulation und wirtschaftliche Effizienz.
Das Echtzeit-Kampfsystem erinnert entfernt an "Destiny" oder "The Division", legt jedoch mehr Wert auf Taktik und Ressourcenschonung. Munition ist knapp, Energiezellen für Schilde begrenzt – jeder Kampf muss gut überlegt sein. Es gibt Nah- und Fernkampfwaffen, Sprengstoff, Gadgets wie Tarnfelder oder Spice-Injektoren, die kurzfristige Buffs geben, aber auch Suchtdruck erzeugen. PvE-Gegner reichen von marodierenden Sandräubern über KI-gesteuerte Harkonnen-Soldaten bis hin zu den gefährlichsten Gegnern: Sandwürmern.
Letztere sind keine bloße Kulisse, sondern eine ständige Bedrohung. Wer sich zu lange auf offenem Sand aufhält, riskiert den sofortigen Tod. Obwohl "Dune: Awakening" kein klassisches Rollenspiel ist, bietet es überraschend viel narrativen Tiefgang. Haupt- und Nebenquests erzählen Geschichten über verlorene Familien, politische Umstürze und den ewigen Konflikt zwischen Mensch und Maschine. Spannend sind die sogenannten "Spice-Träume": Visionen, die man während der Einnahme von Spice erlebt und die tiefer in die Lore eintauchen lassen.
Diese psychedelischen Sequenzen wirken nicht nur visuell eindrucksvoll, sondern beeinflussen auch den Charakter. Abhängig von den Entscheidungen in diesen Traumzuständen entwickeln sich Talente, Persönlichkeitsmerkmale und sogar das Ende der eigenen Spielfigur. Ein MMO wäre kein MMO ohne ein lebendiges Wirtschaftssystem – und hier glänzt "Dune: Awakening" besonders. Fast alles lässt sich handeln: Wasser, Spice, Baupläne, Ressourcen oder sogar Arbeitskräfte. Schwarzmärkte, Karawanen und Auktionen bieten Raum für Profit oder Intrige.
Manche Spieler spezialisieren sich ausschließlich auf Handel – und kommen ohne einen einzigen Schuss und fast ganz ohne jegliche Gewalt zu großem Einfluss. Auch das politische System des Titels ist sehr durchdacht: Wer sich genügend Ansehen bei einer der verschiedenen Fraktion verdient, kann Posten erhalten, etwa als "Spice-Vorarbeiter", "Zollinspektor" oder "Gouverneur". Diese Rollen bringen Privilegien, aber auch Pflichten mit sich. Spieler und Spielerinnen müssen dann Steuern erheben, Sicherheit garantieren oder Konflikte schlichten.
Technisch präsentiert sich "Dune: Awakening" in einem sehr soliden Zustand – zumindest auf gut ausgestatteten PCs. Die Unreal Engine 5 sorgt für eindrucksvolle Sandtexturen, dynamische Lichtstimmungen und weitläufige Panoramen. Der Tag-Nacht-Wechsel, Sandpartikel, Schattenspiele – das alles erzeugt eine bedrückend authentische Wüstenstimmung. Der Soundtrack stammt von bekannten Komponisten der Dune-Verfilmungen und schafft mit arabisch-nahöstlichen Einflüssen sowie elektronischen Klängen eine passende Klangkulisse.
Auch die Sprecher der Hauptfiguren sind hochkarätig besetzt – mit Stimmen aus dem Film-Cast oder professionellen Synchronsprechern. Störend ist lediglich die schwankende Performance in größeren Schlachten sowie gelegentliche Serverprobleme. Funcom hat jedoch bereits umfangreiche Patches und langfristige Roadmaps angekündigt. Klar ist: Das Spiel entfaltet seine volle Faszination nicht in den ersten Stunden, sondern erst mit wachsender Komplexität. Wer immer was zu tun haben will, wird lange bei "Dune: Awakening" bleiben.