Wiesenwirbel im Nationalrat am Donnerstag – der mit einer aktuellen Stunde, in der die ÖVP das Thema Integration thematisierte, gestartet war. Auslöser war die Rede des FPÖ-Abgeordneten Christoph Steiner. Dieser sah die Lösung der Integrationsprobleme in der "Remigration", stellte 10 Jahre "Wir schaffen das" mit 10 Jahren Gewalt und Terror gleich – und stellte infrage, ob Machtmissbrauch, Verschleierung oder Erpressung zu den Werten der ÖVP zählen. Dafür erhielt Steiner – deutlich zeitverzögert – einen Ordnungsruf.
Warum die Verzögerung? Steiner hatte den Abgeordneten im Plenum (mit Ausnahme der FPÖ-Politiker) vorgeworfen, Schuld an Massenvergewaltigungen zu sein. Während das Politiker aller anderen Parteien heftigst empörte, weigerte sich Nationalratspräsident Walter Rosenkranz vorerst, einen Ordnungsruf zu erteilen und ließ sich erst das Protokoll bringen. Zahlreiche Politiker forderten Rosenkranz daraufhin auf, seine Verantwortung als Nationalratspräsident ernst zu nehmen und die Würde des Hauses zu wahren.
Besonders in Rage geriet Grünen-Klubobmann Werner Kogler, der daraufhin der FPÖ vorwarf, den Diskurs im Parlament systematisch zu zerstören. Pikant: Kogler erhielt sofort und ohne Verzögerung einen Ordnungsruf für seinen Vorwurf, die FPÖ würde sich nicht wie Volksvertreter, sondern "wie Volksverhetzer" zu benehmen. Die Sitzung musste schließlich unterbrochen werden – nach Prüfung des Protokolls erteilte Rosenkranz dann Steiner doch noch gleich zwei Ordnungsrufe.
"Nationalratspräsident Rosenkranz hat heute gezeigt, dass er bei Ordnungsrufen mit zweierlei Maß misst. Ein Maß wird bei Abgeordneten der Freiheitlichen Partei angelegt. In diesen Fällen wird mit allen Mitteln versucht, einen Ordnungsruf zu verhindern", kritisierte schließlich der Generalsekretär der Volkspartei, Nico Marchetti. "Wenn etwa das nationalsozialistische Wort 'Umvolkung' verwendet wird oder anderen Abgeordneten die Schuld an Massenvergewaltigungen gegeben wird, reagiert Nationalratspräsident Rosenkranz von sich aus überhaupt nicht."