"Dachte, er ist tot"

Messerattacke auf Taxler – 19 Jahre Haft für Räuber

Nach dem brutalen Messerangriff auf einen Taxifahrer wurde ein 28-Jähriger zu 19 Jahren Haft plus Einweisung verurteilt (nicht rechtskräftig).

Niederösterreich Heute
Messerattacke auf Taxler – 19 Jahre Haft für Räuber
Der Angeklagte vor Gericht mit seinem Anwalt Josef Schartmüller
Sascha Trimmel

Nach einem brutalen Messerangriff auf einen Taxifahrer in Breitenfurt (Bezirk Mödling) ist einem 28-Jährigen am Dienstag am Landesgericht Wiener Neustadt der Prozess gemacht worden. Der Angeklagte soll etwa 30 Mal eingestochen und das Opfer lebensgefährlich verletzt haben. Er bekannte sich zu den Vorwürfen - u.a. versuchter Mord und schwerer Raub - schuldig. Die Staatsanwältin beantragte neben einer Strafe die Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum.

Taxler sprang aus Auto

Der in Tschetschenien geborene Beschuldigte soll am 11. September 2023 in den frühen Morgenstunden laut Staatsanwaltschaft "unvermittelt" mit einem Klappmesser von hinten auf den Taxilenker eingestochen haben. Der damals 49-Jährige war daraufhin aus dem Fahrzeug gesprungen und hatte die Tür zugehalten, um den Angreifer am Aussteigen zu hindern. Der 28-Jährige verließ den Wagen auf der anderen Seite, es folgte ein Kampf hinter dem Auto. Der Angeklagte soll auf den am Boden liegenden Mann eingestochen haben, ehe ihm die Stichwaffe entrissen wurde. Daraufhin soll der Beschuldigte das Opfer mit einem Stanleymesser attackiert haben.

Durch Fenster weiter zugestochen

Der Lenker schaffte es dann wieder zurück in den Wagen und fuhr los. Der 28-Jährige soll durch das offene Fenster weiter zugestochen haben. Der Pkw kam von der Straße und blieb seitlich im Graben liegen. Der Beschuldigte soll nachgelaufen sein und den Chauffeur nach dem Unfall noch mit Pfefferspray besprüht haben. Dann kletterte der Angeklagte in den Wagen und raubte den Rucksack des Lenkers, in dem sich u.a. Zigaretten und eine Getränkedose befanden. Das Opfer konnte noch den Notrufknopf drücken, es wurde blutüberströmt zurückgelassen und von der Feuerwehr befreit. "Ich habe gedacht, ich sterbe", sagte der Mann. Dann habe er das Bewusstsein verloren. Der lebensgefährlich verletzte 49-Jährige wurde in Wien notoperiert.

Der Angeklagte am Gericht in Wr. Neustadt
Der Angeklagte am Gericht in Wr. Neustadt
SOPHIA KILLINGER / APA / picturedesk.com

Der 28-Jährige bekannte sich in der Geschworenenverhandlung zu allen Anklagepunkten - auch zu Sachbeschädigung und einem Vergehen nach dem Waffengesetz - schuldig. Ab dem Alter von 18 Jahren hatte der Mann seinen Angaben zufolge zunächst täglich Cannabis und später Speed konsumiert. "Drei Monate vor der Verhaftung habe ich aufgehört", berichtete der Mann. Danach habe er Tabletten genommen. In der Nacht der Tat habe er zwei Messer, einen Pfefferspray, einen Schlagring und einen Bohrer in eine Tasche gepackt und die Wohnung verlassen, erzählte der Angeklagte. "Ich bin im Wald spazieren gegangen und beim Zurückgehen nach Hause habe ich ein Taxi gesehen", sagte er. Da habe er beschlossen, den Taxilenker auszurauben. Mit diesem Gedanken habe er bereits seit einigen Jahren gespielt.

"Ich dachte, er ist schon tot"

Während der Fahrt von Mödling nach Breitenfurt habe er sich zunächst mit dem Chauffeur unterhalten, dann "habe ich ein Messer herausgenommen und ein paar Mal von hinten zugestochen", schilderte der 28-Jährige den Beginn des Angriffs: "Ich konnte mich nicht kontrollieren." Als sich der Lenker schließlich schwer verletzt im Auto befand und der Angeklagte Sirenen hörte, machte er sich aus dem Staub: "Ich dachte, er ist schon tot." Die Beute: Zwei Packungen Zigaretten und eine Dose Red Bull, mit dieser wusch er sich das Blut von seinen Händen. Der 28-Jährige wurde nach mehrmaliger Fahndung, bei der auch ein Polizeihubschrauber, Drohnen und Diensthunde eingesetzt waren, zwei Tage nach der Tat in Mödling festgenommen.

"Sehe nicht einen Funken Reue"

Eine schlüssige Erklärung für die Attacke konnte der Angeklagte nicht geben. Nach mehrmaligem Nachfragen nannte er Geldmangel. Mit der Beute wollte er "Drogen kaufen und gambeln". Von Geld sei keine Rede gewesen, der Angreifer habe "nur zugestochen", berichtete das Opfer. Warum der 28-Jährige ein Loch in den Tank des Taxis gebohrt hatte, konnte er ebenfalls nicht begründen. "Ich sehe nicht einen Funken Reue", stellte die vorsitzende Richterin Birgit Borns fest.

Versuchter Raubmord: Taxler mit Messer attackiert

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    Versuchter Raubmord: Das Messer, die Tatwaffe
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    LPD NÖ

    Laut einem Gutachten leidet der Angeklagte an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung, ist aber zurechnungsfähig. Der Verteidiger verwies auf eine "tiefgreifende psychische Erkrankung" seines Mandanten. Das Motiv sei angesichts der Beute "lächerlich". Die Tat sei trotz geordneter sozialer Verhältnisse passiert. Der unbescholtene Angeklagte ist verheiratet, Vater eines Kleinkindes, hatte zuletzt in Wien gewohnt und als Staplerfahrer gearbeitet. Seine Staatsangehörigkeit ist ungeklärt.

    30 Messerstiche

    Der Taxifahrer erlitt 25 bis 30 Stich- und Schnittwunden am gesamten Körper. Zwei Stiche durchtrennten nach Gerichtsangaben die linke Wange, ein weiterer die rechte seitliche Brustwand mit Durchstich einer Rippe. Das Opfer leidet laut der Privatbeteiligtenvertreterin nach wie vor an den psychischen und körperlichen Folgen des Angriffs. "Seit dem Vorfall bin ich zuhause im Krankenstand", sagte der Mann: "Rausgehen ist schwer, ich habe Angst", er müsse sich immer vergewissern, dass hinter ihm niemand ist. Seinen Beruf werde er deshalb nicht mehr ausüben können. Er mache Physio- und Psychotherapie. Gefordert wurden vorerst 11.720 Euro an Schmerzensgeld. Die Summe wurde vom Angeklagten anerkannt.

    Das Urteil am Dienstagnachmittag: 19 Jahre Haft und Unterbringung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum (nicht rechtskräftig).

    Auf den Punkt gebracht

    • Ein 28-jähriger Tschetschene stand vor Gericht, nachdem er einen Taxifahrer in Breitenfurt bei Wien brutal mit einem Messer attackiert hatte und ihn lebensgefährlich verletzte
    • Der Angeklagte bekannte sich schuldig und gab an, den Taxifahrer ausrauben zu wollen, ohne Reue zu zeigen
    • Die Staatsanwältin beantragte neben einer Strafe auch die Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum
    red
    Akt.