Ein großer Teil der Kinder- und Jugendhilfe in Österreich wird nicht von staatlicher Seite, sondern über private Vereine geführt. Der wohl bekannteste: die SOS-Kinderdörfer. 140 Millionen Euro zahlen die Bundesländer pro Jahr für die Unterbringung von rund 1.800 Mädchen und Buben.
In den letzten Monaten traten dabei eine Vielzahl an Missbrauchsfällen zutage, die aber nicht transparent publik gemacht, sondern nur intern aufgearbeitet wurden. Das Vertrauen in die Institution ist dadurch tief erschüttert. Nicht geholfen hat, dass nun ans Licht kam, dass selbst Kinderdörfer-Gründer Hermann Gmeiner (1986 verstorben) zumindest acht Burschen sexuell misshandelt haben soll.
Dem Dachverband reicht es endgültig. "Die Föderation der SOS-Kinderdörfer hat gestern per Entscheid des internationalen Aufsichtsrats mit sofortiger Wirkung beschlossen, den Länderverein SOS-Kinderdorf Österreich zu suspendieren", heißt es in einer Aussendung. Grund sei der Umgang der Österreicher mit den Missbrauchsvorwürfen.
Viele Fragen würden dabei offen bleiben. Mehrmals betont wird, dass die Fälle lange bekannt waren, aber eben erst jetzt kommuniziert wurden. "Wir fordern eine vollständige und kompromisslose Aufklärung aller Vorwürfe und unterstützen unabhängige Untersuchungen in vollem Umfang. Betroffene müssen zu jedem Zeitpunkt Gehör finden. Kinderschutz muss absolute Priorität haben."
Eine noch schmerzhaftere Sanktion könnte folgen. Bei den Staatsanwaltschaften Innsbruck und Klagenfurt wird aktuell in 28 Fällen ermittelt, haben die "Salzburger Nachrichten" erfahren. Ein Umstand, der auch das Vertrauen der Politik schwer erschüttert hat.
Salzburgs Soziallandesrat Wolfgang Fürweger, der auch Sprecher des Länder-Zusammenschlusses "Arge Kinder- und Jugendhilfe" ist, erwartet bis Ende 2026 einen vollständigen Abschlussbericht, der die Causa transparent aufarbeitet und Vertrauen wiederherstellt. Passiere das nicht, müsse man darüber nachdenken, ob eine weitere Zusammenarbeit mit SOS-Kinderdorf noch möglich und wünschenswert sei.