Ringen um Aufarbeitung

Müll-Skandal – Betreiber will Deponie nicht räumen

Mindestens 90.000 Kubikmeter Müll hat die Zöchling GmbH westlich von St. Pölten illegal verscharrt. Nun ist unsicher, ob die Deponie geräumt wird.
Aram Ghadimi
10.06.2025, 07:15
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"Es ist der größte Deponie-Skandal der jüngeren Geschichte Österreichs!" – das sagte die Umweltschutzorganisation Greenpeace bereits Anfang des Jahres. Das Investigativ-Team der Organisation hatte aufgedeckt, dass auf der Deponie "Am Lehmofen" westlich von St. Pölten jahrelang illegal Müll verscharrt worden war. Schätzungen gehen von mindestens 90.000 Tonnen aus.

Jahrelang Gestank und Bürger-Proteste

Über Jahre zog sich Gestank über die niederösterreichische Landeshauptstadt, riesige Vogelschwärme kreisten um die gigantischen Müllberge. Bürger gründeten sogar die Protestinitiative "Landeshauptstadt Luft", um "gegen den Mief der Mülldeponie in St. Pölten" vorzugehen. Schließlich führten auch Hinweise aus der Bevölkerung zur Aufdeckung des Müll-Skandals durch Greenpeace.

Razzia, Schließung, bisher keine Räumung

Nach einer Behörden-Razzia im Dezember 2024 war klar: Es war kein "kurzfristiger Logistikfehler", wie der Leiter der Abteilung Umwelt- und Anlagenrecht des Landes Niederösterreich, Leopold Schalhas, damals gegenüber der APA klarstellte.

Greenpeace spricht von Faschdeponierungen in einem System, das gezielt Regularien umgehen sollte, um Profite in Millionenhöhe zu generieren. Die Behörde sperrte die Deponie und ordnete schließlich Ende März die komplette Räumung an.

Doch das Betreiber-Unternehmen, die Zöchling GmbH, wehrt sich seit Monaten dagegen und spricht von einer "Hetzkampagne" und einem "unverhältnismäßigen Schritt". Bis zum 3. Juli – so lange läuft die behördliche Frist – möchte die Zöchling GmbH ein Konzept vorlegen, das eine großflächige Räumung verhindern soll.

Der Müll-Skandal als Chronologie

2019: Die Zöchling Abfallverwertungs GmbH kauft die Deponie "Am Ziegelofen" von der Stadt St. Pölten. Das Unternehmen importiert tausende Tonnen Müll aus Italien. Behörden verdreifachten die zulässigen Müllarten und erhöhen die Grenzwerte für Geruchsbelastung. 2021: Laut Greenpeace, vermuteter Beginn der illegalen Deponierungen. Dezember 2024: Behörden-Razzia auf "Am Ziegelofen", weitere Ablagerungen werden gestoppt. Jänner 2025: Greenpeace spricht vom "größten Deponie-Skandal in Österreichs jüngerer Geschichte" und forderte eine Ausweitung der Untersuchungen. Februar 2025: Greenpeace-Vorwürfe zu weiterer Deponie in Pyhra, Anrainer sammeln 600 Unterschriften – Warnung vor Trinkwassergefährdung. März 2025: Greenpeace erstattet Anzeige wegen vorsätzlicher Umweltgefährdung durch die Deponie "Am Ziegelofen". Probeschürfungen bestätigen jahrelange illegale Ablagerungen. Die Zöchling GmbH wird zur Räumung aufgefordert. Mai2025: Brand auf der behördlich gesperrten Deponie. Die Polizei geht von Selbstentzündung aus. Juni 2025: Die Zöchling GmbH kämpft weiter gegen die geforderte Räumung.

Eine Sprecherin des Unternehmens erklärte gegenüber dem ORF, dass die Zöchling GmbH den beanstandeten Abfall am Standort nachbehandeln wolle, um ihn dann vor Ort neu zu deponieren. Um die 90.000 Kubikmeter an Müll zu räumen, seien 3.600 Lkw-Ladungen notwendig, argumentierte sie. Man fürchte um die Anrainer, die Leidtragende der Räumung wären.

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Diese wären jahrelangen Geruchs-, Staub- und Lärmbelästigungen ausgesetzt. Man wolle der Behörde aufzeigen, dass das keine gute Idee sei. Laut derselben Sprecherin sei man sich mit dem Konzept zur Nachbehandlung kurz vor der Fertigstellung.

Anfang Juli, wenn die Frist für das Unternehmen abgelaufen ist, entscheidet sich, ob die Vorschläge der Zöchling GmbH den Vorgaben der Behörde gerecht werden. Sollte das nicht der Fall sein, möchte die Abteilung für Umwelt- und Anlagenrecht des Landes Niederösterreich an der kompletten Räumung festhalten.

Behörden-Plan für stückweise Räumung

Gegenüber dem ORF erklärte Abteilungsleiter Schalhas, dass der behördliche Plan vorsieht, die Deponie stückweise zu räumen. Der gigantische Müllberg soll in "kleinen Einheiten" und anhand von "Rastern" geöffnet werden, um die Geruchsbelastung gering zu halten.

Dabei soll der Abfall untersucht werden und wenn es Verstöße gegen die Auflagen gibt, wovon die Behörde ausgeht, müsse die Zöchling GmbH für die Räumung sorgen.

Strenge Kontrollen

Laut Schalhas sollen "engmaschige Kontrollen" das langwierige Vorgehen, das nicht weniger als ein Jahr dauern könnte, begleiten. Mindestens fünf Jahre lang sei Müll illegal verscharrt worden. Nun muss die Zöchling GmbH alles wieder ausgraben. Die Deponie "Am Ziegelofen" bleibt weiterhin gesperrt, solange unklar ist, ob die Behörde das Sanierungskonzept des Betreibers akzeptiert.

Erst Anfang Mai war es auf dem Areal zu einem Brand und in Folge zu einem Großeinsatz mehrerer lokaler Feuerwehren gekommen. Schwarze Rauchwolken, überall der beißende Geruch von brennendem Plastik.

Knapp 80 Einsatzkräfte mit 20 Fahrzeugen, begleitet von der Polizei mit vier Kräften und der Rettung mit drei Helfern, waren stundenlang im Einsatz. Weil sie keinen Hinweis auf eine andere Zündquelle fand, ging die Polizei von einer spontanen Selbstentzündung des gelagerten Abfalls aus.

{title && {title} } agh, {title && {title} } Akt. 12.06.2025, 17:02, 10.06.2025, 07:15