Grönland bewegt sich – und zwar nicht nur gefühlt, sondern messbar: Die gigantische Insel im Nordatlantik wandert jährlich zwei Zentimeter Richtung Nordwesten, während sie sich gleichzeitig verdreht, ausdehnt – und stellenweise sogar schrumpft.
Was nach Hollywood-Skript klingt, ist kuriose Realität: Ein dänisches Forscherteam der Technischen Universität Dänemark (DTU Space) hat das Phänomen jetzt in einer aufsehenerregenden Studie im Fachjournal "Journal of Geophysical Research: Solid Earth" beschrieben.
Die Forscher sind perplex: "Wir waren selbst überrascht, was wir da entdeckt haben", sagt Studienautor Danjal Longfors Berg. Während man bisher annahm, dass Grönland durch das Abschmelzen des Eises gleichmäßig gedehnt wird, zeigen die neuen Daten: Große Teile schrumpfen.
Der Grund: Unter Grönland wirken gigantische Kräfte – verursacht durch die Eisschmelze der Gegenwart und die Nachwirkungen der letzten Eiszeit vor 20.000 Jahren. In der Tiefe verschiebt sich der Untergrund, wie eine langsam arbeitende, aber mächtige Maschine.
Mit bloßem Auge sind die geologischen Veränderungen freilich nicht sichtbar. Aber ein Netzwerk aus 58 GPS-Stationen überwacht die Veränderungen millimetergenau. Das Team hat ein Modell erstellt, das 26.000 Jahre in die Erdgeschichte zurückblickt – und gleichzeitig 20 Jahre hochpräziser Echtzeitdaten analysiert.
"Manche Gebiete werden gedehnt, andere zusammengezogen. Das bedeutet, dass Grönland in der Fläche leicht schrumpft – aber gleichzeitig auch anhebt", erklärt Berg. Das Ganze sei wie ein "riesiger, ungleichmäßiger Atemzug der Erde".
Auch praktisch sei das relevant: Denn selbst fest geglaubte Koordinatenpunkte in Grönland verschieben sich – mit Folgen für Navigation, Satellitentechnik und die Vermessung ganzer Regionen.
Der eigentliche Treiber des geologischen Phänomens ist die globale Erwärmung. Weil das Eis schmilzt, hebt sich der Untergrund, es kommt zu Druckverschiebungen. Gleichzeitig dauert die Erholung von der letzten Eiszeit weiter an – ein geologisches Doppeldrama.
Fakt ist: Grönland schrumpft, wandert – und zeigt, wie dramatisch sich unser Planet verändert. Das Eis taut, der Boden hebt sich – und selbst die Kontinente bleiben nicht dort, wo wir sie vermuten.