Nach neuen Missbrauchsvorwürfen gegen das SOS-Kinderdorf steht die bekannte Kinderhilfsorganisation schwer in der Kritik. Besonders betroffen ist der österreichische Zweig, dem nach den Enthüllungen nun sogar SOS-Kinderdorf International die Zusammenarbeit entzogen hat.
Wie berichtet, wurden am Montag erst erneut schwere Anschuldigungen bekannt. Ehemalige Bewohnerinnen berichteten der APA von erlebter und beobachteter struktureller sowie sexualisierter Gewalt in einem SOS-Kinderdorf in Tirol. Ähnliche Vorwürfe gab es zuvor bereits in Wien.
Aktuell leben rund 250 Kinder und Jugendliche in SOS-Kinderdorf-Wohngemeinschaften in Wien. Ihre Betreuung bleibt laut der MA 11 (Wiener Kinder- und Jugendhilfe) bestehen – allerdings unter verschärfter Aufsicht, berichtet "ORF".
Die Stadt kündigte strengere Kontrollen an, nicht nur in den Kinderdorf-Einrichtungen, sondern auch in anderen Bereichen, in denen SOS-Kinderdorf im Auftrag Wiens tätig ist – etwa in der Betreuung von Geflüchteten oder Menschen mit Behinderung.
SOS-Kinderdorf Österreich erwirtschaftet jährlich über 130 Millionen Euro aus Dienstleistungen. Dazu kommen rund fünf Millionen Euro an öffentlichen Subventionen. Ein wesentlicher Teil der Finanzierung basiert jedoch auf Spenden – im Vorjahr waren es 46 Millionen Euro, also etwa ein Viertel des Gesamtbudgets.
Wie sich die aktuelle Krise auf die Spendenbereitschaft auswirkt, will die Organisation am Mittwoch bekannt geben – dem Tag der Berufungsverhandlung eines verurteilten Ex-Betreuers.
Laut Krisenkommunikationsexpertin Maria Kral-Glanzer ist das Vertrauen der Bevölkerung tief erschüttert. "Einerseits ist das Vertrauen der Bevölkerung stark erschüttert und auf der anderen Seite ist die Glaubwürdigkeit der Organisation gerade gegen Null gehend. Und das ist natürlich hinsichtlich der zukünftigen Spendenbereitschaft sehr, sehr problematisch", erklärte sie im "Wien heute"-Interview.
Kral-Glanzer sprach von einem "enormen Imageschaden" und betonte, dass vollständige Transparenz und strenge Kontrollmechanismen entscheidend seien, um künftige Vorfälle zu verhindern. Die Marke SOS-Kinderdorf sei durch die Enthüllungen schwer beschädigt – eine grundlegende Neuausrichtung könne notwendig werden.