Wir schreiben das Jahr 2007. Gerade noch ging es Victoria Kenny zu Hause in West Sussex (England) gut, und sie schaute mit ihrem Mann fern, doch im nächsten Moment hatte sie schreckliche Schmerzen und konnte weder stehen noch ihre Arme und Beine bewegen. Dazwischen lagen ein paar Sekunden, in denen sie niesen musste. "Als ich nieste, spürte ich einen stechenden Schmerz in meinem Rücken. Ich verstand nicht, was passierte. Ich konnte weder stehen noch meine Gliedmaßen bewegen. Es war furchtbar. Meine erste Angst war, dass ich gelähmt wäre."
Es stellte sich heraus, dass der Niesanfall einen Bandscheibenanfall ausgelöst hatte, der den Ischiasnerv zwischen zwei Wirbeln einklemmte. Trotz dreier Wirbelsäulenoperationen war sie gezwungen, ihren Job als Anwältin aufzugeben und war infolge zwei Jahre lang praktisch gelähmt, was zu schweren Depressionen führte. "Tag für Tag hatte ich solche Schmerzen, bis ich irgendwann an den Punkt kam, an dem ich einfach nicht mehr leben wollte. Die Schmerzen beherrschten jeden Teil meines Lebens. Das Morphium, das ich nahm, verursachte Halluzinationen und machte das Arbeiten unmöglich. Ich sah Menschen vor meinen Augen buchstäblich dahinschmelzen und hatte schreckliche Visionen."
Die Bandscheiben sind ein weiches Polster, das zwischen den einzelnen Wirbeln der Wirbelsäule sitzt. Bei jungen Menschen ist die Bandscheibe weich und elastisch, doch wie viele andere Strukturen im Körper verliert sie mit der Zeit ihre Elastizität und wird anfälliger für Verletzungen.
Erst eine vierte OP im April 2009 in einer auf Wirbelsäulenverletzungen spezialisierten Privatklinik brachte die damals 53-Jährige wieder auf die Beine. Während der vierstündigen Operation wurde an dem betroffenen Abschnitt ein Kunststoffkäfig um ihre Wirbelsäule angebracht, der den Druck auf den eingeklemmten Nerv verringerte. Die Struktur wurde hinter der Wirbelsäule durch vier Titanstangen und zwei Bolzen gestützt.
Eine Simulation illustriert den Vorfall:
Der Eingriff und die anschließende Physiotherapie hätten ihr ihr Leben zurückgegeben, so Victoria. Innerhalb einer Woche nach der Operation konnte sie wieder gehen und ist nun wieder in ihren Beruf zurückgekehrt.
Dass Niesen so schwerwiegende gesundheitliche Probleme verursachen kann, ist kaum zu glauben. Schließlich ist es ein Schutzreflex des Körpers. Aber der Luftstrom beim Niesen kann bis zu 160 km/h erreichen. Deshalb sollte Niesen auch nicht unterdrückt werden. Ansonsten könnte der Druck die Krankheitserreger in die Nebenhöhlen pressen, wodurch es zu Entzündungen kommen kann. Es ist also besser, dem Niesreiz nachzugeben. Handvorhalten nicht vergessen!
