GesundheitsTrends Kolumne

Nähe als Medizin: Jeder braucht das "Kuschelhormon"

Ob Umarmungen, Lächeln oder ein gemeinsamer Moment - unser Körper braucht Nähe. Warum besonders Singles darauf achten sollten.
Nastassja Offenbacher
03.10.2025, 14:12
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Vor wenigen Tagen versammelten sich hunderte junge Menschen im Wiener Burggarten – nicht zum politischen Protest, nicht um Party zu machen, sondern zum Puddingessen. Mit Gabel. Das mag auf den ersten Blick absurd wirken (und auch ich habe bei diesen Nachrichten verwundert geschaut): Warum setzt man sich zusammen in einen Park, um ein Dessert zu essen, noch dazu mit einem völlig ungeeigneten Besteck?

Doch genau diese Versammlung zeigt: Echte Verbindung funktioniert nicht über ein Smartphone, sondern im echten Leben. Hinter der Begegnung steckt ein unsichtbarer Taktgeber: das Hormon Oxytocin (auch "Kuschelhormon" genannt).

Es strömt durch unseren Körper, sobald wir uns umarmen, uns ein Lächeln schenken oder gemeinsam Dinge tun, die uns glücklich machen, sei es Pudding-Essen im Park.

In einer Welt, in der Einsamkeit trotz "Social Media" (ist ja nicht immer so sozial, wie wir es uns erhoffen) schon fast epidemische Ausmaße angenommen hat, ist Oxytocin vielleicht unser bestes, natürlichstes Gegengift. Das Schönste daran: es kostet nichts.

Babys bis Tiere: Das Kuschelhormon, das uns alle verbindet

Oxytocin wird oft auf Romantik oder Elternschaft reduziert – dabei ist es viel universeller. Es ist das Hormon, das uns erdet, wenn wir im Stress versinken, und es erinnert uns: wir sind nicht alleine. Schon Babys erleben es in seiner intensivsten Form – wenn sie von ihrer Mutter gehalten werden. Aber auch wir Erwachsenen brauchen es dringend, Tag für Tag.

Das "Kuschelhormon" senkt den Blutdruck, senkt den Cortisolspiegel, stärkt das Immunsystem (perfekt also in der Erkältungssaison) und beeinflusst sogar, wie wir andere Menschen wahrnehmen. Studien zufolge ist es nämlich so: Wer einen höheren Oxytocinspiegel hat, der reagiert gelassener, empathischer und fühlt sich allgemein sicherer. Weitere Forschungen dazu zeigen, dass Paare mit regelmäßigen, liebevollem Kontakt auch eine stabilere Beziehung führen.

Doch was, wenn man alleine ist? Was, wenn man keinen Partner und vielleicht sogar wenig enge Freunde hat? Einsamkeit ist gerade bei Alleinstehenden oder älteren Menschen ein ernstes Thema, weil sie Stress, Anspannung, Depressionen und ein Gefühl der Isolation auslösen kann. Doch sie lässt sich gezielt überwinden.

Genau hier zeigt sich die wahre Stärke von Oxytocin: Es ist nämlich nicht exklusiv für Liebesbeziehungen und Mütter, sondern auch Singles können davon profitieren: Ein Gespräch mit der Nachbarin, eine gemeinsame Sporteinheit in einer motivierten Gruppe, eine kurze Plauderei an der Supermarktkasse oder das Streicheln eines Tieres – all das kann in unserem Körper Oxytocin freisetzen. Nähe ist also vielschichtiger, als wir meist denken.

Wege ins Glück - so bringen wir unseren Oxytocinspiegel in die Höhe

Oxytocin ist also quasi wie ein Geschenk, das wir uns machen können. Es erfordert keine Kosten, sondern nur ein wenig Offenheit.

Eine Umarmung, die nicht hastig, sondern echt ist, wirkt beispielsweise wie ein biologischer Reset. Studien zufolge reichen schon 5 Sekunden, um einen kleinen Oxytocinanstieg zu erleben – nach 20 Sekunden und mehr gibt es einen messbar starken Effekt, der sogar Stress reduziert und die Herzfrequenz verbessert.

Auch gemeinsam Lachen stärkt – ebenso wie Musik, Singen, Tanzen oder ein gemeinsames Essen. Oft ist dabei nicht das Sattwerden entscheidend, sondern das Gefühl, zusammen zu sein.

Und es braucht nicht immer Gesellschaft: Selbstfürsorge zählt ebenso. Ein warmes Bad, Meditation oder eine kleine Kopf- und Gesichtsmassage tun Körper und Seele gut.

Balance trotz Alltagsstress - Oxytocin als Gegenspieler

Unser Alltag ist oft geprägt von Arbeit, digitaler Dauerpräsenz und Druck. Das Stresshormon Cortisol begleitet uns dabei ständig und sein "Feind" ist eben das Kuschelhormon. Oxytocin signalisiert Sicherheit, lässt uns loslassen und führt zu mehr Resilienz.

Und das gilt besonders für Singles, die gerade in den Wintermonaten vermehrt unter Einsamkeit leiden. Hier lohnt es sich, bewusst Routinen zu schaffen - sei es Gruppenworkouts, Stammtische, Kochrunden oder andere Aktivitäten, die Nähe und Austausch fördern.

Wer sich einsam fühlt, zögert oft, genau diese Schritte zu gehen. Doch schon kleine Interaktionen schaffen Zugehörigkeit - und machen den nächsten Schritt leichter. So entsteht ein Kreislauf, der das Gegenteil von Einsamkeit ist: Verbindung.

Vielleicht liegt genau darin die wichtigste Botschaft: Wir Menschen sind nicht dafür gemacht, isoliert und am Smartphone hängend durchs Leben zu gehen. Oxytocin erinnert uns daran, dass wir Herdentiere sind - Wesen, die Nähe brauchen: für Seele und Körper.

{title && {title} } nas, {title && {title} } Akt. 03.10.2025, 18:20, 03.10.2025, 14:12
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