Auf sechs Jahre

Neue Staatsanwaltschaft des Bundes mit Dreierspitze fix

Lange diskutiert - nun wird die Errichtung einer Bundesstaatsanwaltschaft realisiert. So soll die Justiz unabhängig von politischen Weisungen sein.
Michael Rauhofer-Redl
09.07.2025, 08:45
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Die Bundesregierung hat sich auf die Errichtung einer unabhängigen und weisungsfreien Bundesstaatsanwaltschaft geeinigt. Eine im Jahr 2021 eingesetzte hochrangige Arbeitsgruppe hat sich in insgesamt zwölf Sitzungen beraten - und dabei die Erfahrungen der Europäischen Staatsanwaltschaft gesammelt.

Koalitionsvertrag sieht Schaffung vor

Entsprechend des aktuellen Regierungsprogrammes, das im Kapitel "Verfassung, Menschenrechte und Verwaltung", die Einführung eines solchen Gremiums vorsieht, haben sich ÖVP, SPÖ und Neos nun auf die konkrete Ausgestaltung geeinigt.

So soll Bundesstaatsanwaltschaft ausgestaltet sein

  • Die Bundesstaatsanwaltschaft soll im Sinne der Zielsetzung des Vorhabens zukünftig als weisungsfreie und unabhängige oberste Ermittlungs- und Anklagebehörde innerhalb des Justizressorts fungieren, wobei die verfassungsrechtliche Einordnung der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte unberührt bleibt.
  • Die Generalprokuratur bildet – unter Berücksichtigung ihrer spezifischen Aufgaben – als Organisation einen zentralen Bestandteil der Bundesstaatsanwaltschaft. Der Weisungsrat wird aufgelöst. Die Aufgaben zwischen Generalprokuratur und Bundesstaatsanwaltschaft müssen aufeinander abgestimmt werden. Den Generalanwältinnen und Generalanwälten wird die Möglichkeit eingeräumt, von der Bundesstaatsanwaltschaft in dienstrechtlicher Hinsicht übernommen zu werden.
  • Es wird eine sechsjährige Funktionsdauer vorgesehen. Eine Wiederwahl ist nicht möglich.
  • An der Spitze der Bundesstaatsanwaltschaft soll ein grundsätzlich gleichberechtigtes Dreierkollegium stehen, dessen Vorsitz alle zwei Jahre wechselt. Dieses Kollegialorgan leitet die Behörde und entscheidet in den in die Senatszuständigkeit fallenden Angelegenheiten der Fachaufsicht als Dreiersenat.
  • Die Besetzung der Bundesstaatsanwaltschaft erfolgt in einem mehrstufigen und transparenten Verfahren. Eine unabhängige, beim BMJ dauerhaft einvernehmlich eingerichtete Kommission hat die Bewerberinnen und Bewerber anzuhören und dem Nationalrat einen Vorschlag zu erstatten. Die Kommission besteht aus anerkannten Persönlichkeiten beispielsweise aus Justiz, Wissenschaft, Verwaltung und Praxis. Der Nationalrat wählt die Mitglieder auf Vorschlag der Kommission. Der Bundespräsident ernennt die Mitglieder nach Vorlage durch die Bundesregierung. Eine 3 von 4 Rückfallsregelung ist vorzusehen. Die jederzeitige Entscheidungsfähigkeit der Bundesstaatsanwaltschaft ist sicherzustellen
  • Sicherstellung der Einbeziehung des Parlaments bei der laufenden Kontrolle (unter Wahrung der notwendigen Vertraulichkeit): Die parlamentarische Kontrolle und Verantwortung soll so ausgestaltet sein, dass einerseits der demokratische Legitimationszusammenhang sowie eine effektive parlamentarische Kontrolle durch die Volksvertretung gewährleistet ist und andererseits die Funktionsfähigkeit und Arbeitsweise der Bundesstaatsanwaltschaft sowie der Staatsanwältinnen und - anwälte nicht beeinträchtigt wird. Eine begleitende (und dadurch beeinflussende) Kontrolle laufender Ermittlungen ist nicht vorgesehen.
  • Die derzeitigen Berichtspflichten werden vor dem Hintergrund der Übertragung der Fachaufsicht und Weisungsspitze auf eine neue, weisungsfrei gestellte Behörde evaluiert und mit dem Ziel einer Reduktion der Berichtspflichten überarbeitet.
  • Im Sinne der Transparenz ist das Abstimmungsverhalten ausschließlich intern zu dokumentieren.
  • Über ihre dienstrechtliche Einbettung hinaus sind die Bundesstaatsanwältinnen und Bundesstaatsanwälte hinsichtlich ihrer Verantwortlichkeit den Mitgliedern der Bundesregierung gem. Art 142 B-VG gleichgestellt.
  • Das Institut der bzw. des Rechtsschutzbeauftragten wird gestärkt.

Regierung will "modernes System der Strafverfolgung"

Vor dem Hintergrund der Bedeutung dieses Vorhabens sowie der notwendigen Neugestaltung der parlamentarischen Kontrolle der Bundesstaatsanwaltschaft und der Verantwortung dem Parlament gegenüber wird das Parlament sowie externe Expertinnen und Experten bereits in den Entstehungsprozess des Ministerialentwurfs bzw. der Regierungsvorlage eingebunden.

Alle unmittelbar damit in Zusammenhang stehenden weiteren Bundesgesetze werden unter einem erarbeitet, diskutiert und seitens der Bundesregierung beschlossen werden.

Unabhängig von der Einführung der Bundesstaatsanwaltschaft ist die Bundesregierung laut Aussendung "auch weiterhin bestrebt ein modernes System der Strafverfolgung zu garantieren, das im Sinne der Rechte von Beschuldigten und Opfern effizient und rasch arbeitet". Daher solle die Effizienz und Kohärenz des Strafprozessrechts als Gesamtes evaluiert und entsprechend angepasst werden.

Beim Ministerrat am Mittwoch zeigten sich sowohl Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ) als auch Außenministerin und Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger und Verfassungs-Staatssekretär Alexander Pröll (ÖVP) überzeugt davon, dass die Schaffung der Bundesstaatsanwaltschaft die Justiz und die Demokratie stärken wird. Laut Sporrer soll das Begutachtungsverfahren im Herbst starten. Einen genauen Termin, was das neu zu schaffende Gremium seine Arbeit aufnehmen wird, gibt es also noch nicht.

{title && {title} } mrr, {title && {title} } Akt. 09.07.2025, 10:43, 09.07.2025, 08:45
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