13 Fragen und Antworten

EU-Defizitverfahren fix – was auf uns jetzt zukommt

Ein EU-Defizitverfahren wurde am Dienstag fix gegen Österreich beschlossen. "Heute" hat die wichtigsten Fragen und Antworten.
Lukas Leitner
08.07.2025, 15:57
Loading...
Angemeldet als Hier findest du deine letzten Kommentare
Alle Kommentare
Meine Kommentare
Sortieren nach:

Kommentare neu laden
Nach oben

Am Dienstag haben die EU-Finanzminister die Eröffnung eines EU-Defizitverfahrens gegen Österreich beschlossen. Damit folgt der Rat der Empfehlung der EU. Doch was bedeutet eigentlich ein Defizitverfahren und welche Auswirkungen hat es auf Österreich? "Heute" hat die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Was ist ein Defizitverfahren?

Ein Defizitverfahren – offiziell heißt es "Verfahren bei übermäßigem Defizit" oder kurz ÜD-Verfahren – wird von der Europäischen Union eingeleitet, wenn ein Mitgliedsstaat zu viele neue Schulden macht.

Wann wird das Defizitverfahren eingesetzt?

Eingesetzt wird es also, wenn die Schulden eines Staates im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu stark ansteigen. Laut EU-Regeln darf das jährliche Budgetdefizit nicht über drei Prozent des BIP liegen. Das ist die sogenannte Maastricht-Grenze.

Warum wurde gegen Österreich ein Defizitverfahren beschlossen?

Auch Österreich hat die Maastricht-Grenze überschritten. In den letzten Jahren wurden aufgrund zahlreicher Krisen viele Schulden gemacht. Das Defizit belief sich im vergangenen Jahr auf 4,7 Prozent und lag damit deutlich über der Grenze der EU (3 Prozent). Deshalb leitete die EU ein ÜD-Verfahren ein.

Was bringt das Defizitverfahren?

Das Verfahren soll jetzt sicherstellen, dass Österreich in einem gewissen Zeitraum, wieder unter die gesetzliche 3-Prozentmarke kommt.

Wie lange dauert so ein Verfahren?

Das Verfahren soll 2028 beendet sein. Bis dahin soll Österreich ein Defizit von 3 Prozent im Verhältnis zum BIP erreichen.

Was muss Österreich jetzt tun?

Mit dem Beschluss eines ÜD-Verfahres über Österreich müssen jetzt auch einige rechtliche Pflichten eingehalten werden: Bis zum 15. Oktober muss Österreich wirksame Maßnahmen zur Einhaltung des Korrekturpfades an die Europäische Kommission vorlegen.

Danach sollte Österreich mindestens alle sechs Monate über die Fortschritte bei der Umsetzung dieser Empfehlung berichten, und zwar im Frühjahr im Rahmen seines jährlichen Fortschrittsberichts und im Herbst im Entwurf des Haushaltsplans, bis das übermäßige Defizit korrigiert worden ist

Welche Maßnahmen müssen vorgelegt werden?

Es handelt es sich um einen Mix aus einnahmenseitigen und ausgabenseitigen Maßnahmen. Diese sollen noch heuer 6,4 Milliarden Euro und 2026 8,7 Milliarden Euro in das Budget fließen lassen. Die Europäische Kommission wird – voraussichtlich bis Mitte November – eine Einschätzung der Maßnahmen abgeben.

Ändert sich was für die Bürger?

Die Österreicher selbst sind indirekt von dem Defizitverfahren betroffen – sie bekommen die Maßnahmen zu spüren. Im Zuge der Budgetsanierung wurde etwa der Krankenversicherungsbeitrag für Pensionisten auf 6 Prozent erhöht und Förderungen gestrichen. Diese Maßnahmen sind schon fixiert – weitere folgen noch.

Ist ein Defizitverfahren gefährlich?

Nein, ein Defizitverfahren ist nicht gefährlich. Es bedeutet in erster Linie, dass die EU genauer prüft, wie ein Land sein Budget konsolidieren will.

Welche Vorteile hat ein Defizitverfahren?

Ein Defizitverfahren bietet mehr Flexibilität, wenn außergewöhnliche wirtschaftliche oder finanzielle Krisen eintreten. In solchen Fällen erlaubt die EU, dass ein Land vorübergehend das Defizit überschreitet, um die Wirtschaft zu stabilisieren und notwendige Konjunkturmaßnahmen zu ergreifen.

Welche Auswirkung hat das Verfahren auf das Image Österreichs?

Auf das Image Österreichs sollte das Verfahren keine Auswirkung haben, erklärte auch Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ). Die Kreditfähigkeit des Landes sei nicht in Gefahr –  Österreich sei "eine der stärksten Volkswirtschaften Europas", sagte der Finanzminister am Montag.

Sind auch andere EU-Staaten von einem Defizitverfahren betroffen?

Ja. Die EU hat bereits 2024 gegen sieben Länder ein Defizitverfahren eröffnet: Frankreich, Italien, Belgien, Malta, Polen, die Slowakei und Ungarn sind betroffen.

Hat es schon einmal so ein Verfahren gegen Österreich gegeben?

Ja. Gegen Österreich hat es schon einmal ein Defizitverfahren gegeben und zwar von 2009 bis 2013. Damals wurde der Konsolidierungspfad erfolgreich angepasst und in den Jahren danach ging es wieder bergauf.

{title && {title} } LL, {title && {title} } Akt. 08.07.2025, 17:20, 08.07.2025, 15:57
Jetzt E-Paper lesen