EU-Defizitverfahren

TV brutal! ORF-Wolf konfrontiert den Finanzminister

Seit Dienstag ist ein EU-Defizitverfahren gegen Österreich beschlossene Sache. Im ORF kam es zu einem brisanten Interview mit dem SPÖ-Finanzminister.
Newsdesk Heute
08.07.2025, 22:11
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Ein Defizitverfahren – offiziell heißt es "Verfahren bei übermäßigem Defizit" oder kurz ÜD-Verfahren – wird von der Europäischen Union eingeleitet, wenn ein Mitgliedsstaat zu viele neue Schulden macht. Und das ist nun für Österreich passiert. Am Dienstag haben die EU-Finanzminister die Eröffnung eines EU-Defizitverfahrens gegen die Alpenrepublik beschlossen. Das Verfahren soll jetzt sicherstellen, dass Österreich in einem gewissen Zeitraum – Das Verfahren soll 2028 beendet sein –, wieder unter die gesetzliche 3-Prozentmarke kommt.

Mit dem Beschluss eines ÜD-Verfahres über Österreich müssen jetzt auch einige rechtliche Pflichten eingehalten werden: Bis zum 15. Oktober muss Österreich wirksame Maßnahmen zur Einhaltung des Korrekturpfades an die Europäische Kommission vorlegen. Danach sollte Österreich mindestens alle sechs Monate über die Fortschritte bei der Umsetzung dieser Empfehlung berichten, und zwar im Frühjahr im Rahmen seines jährlichen Fortschrittsberichts und im Herbst im Entwurf des Haushaltsplans, bis das übermäßige Defizit korrigiert worden ist

"Mich wundert ein bisschen, dass Sie so fröhlich sind"

Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) erklärte am späten Dienstagabend in der "ZIB2" bei ORF-Moderator Armin Wolf, was das für Österreich genau bedeutet und wie schlimm es die Bürger spüren werden. Warum habe es zum Start der Ampel-Koalition geheißen, die Regierung eine, dass ein Defizitverfahren verhindert werden solle, wenn es nun in einer Aussendung des Finanzministeriums heiße, das Verfahren sei "abzusehen und unausweichlich"? Seit er ins Ministerium gekommen sei, "haben sich die Zahlen massiv verschlechtert", so Marterbauer.

Die Zahlen, die man dann bekomme habe, hätten gezeigt, dass trotz eingeleiteter Maßnahmen ein Defizitverfahren kommen werden, was wisse man "seit Wochen und Monaten". Wolfs Replik: "Mich wundert ein bisschen, dass Sie so fröhlich sind, jedenfalls so gelassen" angesichts eines der höchsten Budgetdefizite in Europa, massivsten Schulden, der vierthöchsten Steuerquote in Europa, einer deutlich höheren Inflation als die anderen Euro-Länder und dem geringsten Wirtschaftswachstum. "Übertreiben Sie es nicht ein bisschen mit der Gelassenheit?"

"Reden Sie es nicht ein bisschen weg?"

"Das hohe Defizit und die hohen Staatsschulden haben wir geerbt", verteidigte sich Marterbauer. Man bemühe sich jetzt, "das zu sanieren" – und beim Sanierungsprozess müsse man "faktenbasiert" sein, aber auch "eine gewisse Zuversicht verbreiten, denn die Dinge sind ja machbar", hieß es. Österreich sei eines der reichsten Länder der Welt und stehe wirtschaftlich am besten da, so Marterbauer. Wolf verwies wieder auf das geringe Wirtschaftswachstum und die hohen Staatsschulden und dass sich Menschen mit der hohen Inflation schwer tun würden.

"Reden Sie es nicht ein bisschen weg?" fragte Wolf beim Minister nach. "Nein", so Marterbauer, die Wirtschaftsleistung pro Kopf gerechnet zeige die Stärke und es gebe die Grundlagen, dass sich Österreich gut weiterentwickle, deswegen würden Kanzler Christian Stocker und auch er Zuversicht ausstrahlen. Und warum gebe des Staat acht Milliarden Euro mehr aus als im Vorjahr, wenn dringend gespart werden müsste? "Das Sparen ist ja in Relation zu einer Situation 'Was wäre passiert wenn wir nichts gemacht hätten'", so Marterbauer, "dann wären die Ausgaben noch stärker gestiegen".

"In dem Sinn wird es schon schmerzlich sein"

Man spare im nächsten Jahr neun Milliarden ein, "das ist ein großes Sparpaket, das werden alle merken, in dem Sinn wird es schon schmerzlich sein, das ist nicht nichts", so der SPÖ-Minister. Warum gehe der Fiskalrat aber davon aus, dass sich der 3-Prozent-Kurs selbst mit den Sparmaßnahmen nicht ausgehe, immerhin habe der Fiskalrat in jüngster Zeit deutlich öfter Recht gehabt als das Finanzministerium, fragte der Moderator. Marterbauer nahm dies als Kompliment, er war "bis Ende Februar Vizepräsident des Fiskalrats".

Marterbauer verwies darauf, dass der Fiskalrat noch nicht alle Maßnahmen kenne, die in die Berechnung einfließen würden, hieß es: "Ich glaube, dass wir das bringen können." Marterbauer gab zu, man sei aber auch ein bisschen "Nehmer der Entwicklung" in Sachen Wirtschaftsleistung. Es werde auch "ein ganz weiter Weg" in Sachen Staatsschulden, die auf 60 Prozent der Wirtschaftsleistung gebracht werden müssten (aktuell bei rund 80 Prozent). "Ich möchte das Geld nicht gern für Zinszahlungen ausgeben, sondern für Kindergärten und Pflege."

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 08.07.2025, 22:29, 08.07.2025, 22:11
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