Am Südtiroler Platz in Wien-Wieden erinnert ab sofort eine "Autonomiestele" an einen entscheidenden Moment österreichischer Diplomatie: Am 31. Oktober 1960 brachte eine Delegation unter Führung des damaligen Außenministers Bruno Kreisky das ungelöste Südtirol-Problem vor die Vereinten Nationen.
Im Anschluss beschloss die UNO eine Resolution, die Österreich und Italien aufforderte, eine Lösung auf Basis des Gruber-De Gasperi-Abkommens von 1948 zu finden. Dieser Moment gilt als Geburtsstunde der heutigen Südtirol-Autonomie.
Die Stele wurde von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) gemeinsam mit Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) enthüllt. "Diese Stele erinnert uns daran, dass Frieden und Selbstbestimmung keine Selbstverständlichkeiten sind – sondern das Ergebnis von Mut zum Kompromiss und diplomatischem Engagement", sagte Ludwig. Kompatscher würdigte Kreiskys Rede vor 65 Jahren als "entscheidender Schritt auf dem Weg zur heutigen Südtirol-Autonomie".
Die Stele dokumentiert den Weg Südtirols von der Konfliktregion zur autonomen Provinz und soll als Informations- und Begegnungsstätte dienen. Der Südtiroler Platz erinnert seit seiner Benennung 1927 an die historische Verbindung zwischen Wien und Südtirol.
Die Präsentation der Stele wurde von einigen Personen dafür genutzt, um dort mit Plakaten auf ihre Botschaften aufmerksam zu machen – gegen Sexismus, für Minderheitenschutz.
Nach dem Ersten Weltkrieg fiel Südtirol durch den Vertrag von Saint-Germain an Italien. Unter Mussolini von 1922 bis 1943 verfolgte der italienische Staat eine aggressive "Italianisierungspolitik" mit Verbot der deutschen Sprache und Absiedlungsabkommen. Das 1946 abgeschlossene Gruber-De Gasperi-Abkommen sicherte den Schutz der kulturellen Eigenart der deutschsprachigen Bevölkerung. In den 1960er und 1970er Jahren wurde dies durch das sogenannte "Paket für Südtirol" politisch umgesetzt, 1992 erklärten Italien und Österreich vor den Vereinten Nationen den Autonomiekonflikt für beendet.
Die Autonomie garantiert den Südtirolern umfassende kulturelle, politische und administrative Selbstverwaltungsrechte innerhalb Italiens. Neben der Stele und dem Platz in Wien bestehen weiterhin enge Verbindungen: Jährlich beginnen rund 2.000 Südtirolerinnen und Südtiroler ein Studium in Wien, viele bleiben danach in der Stadt.