Brigitte R. (62) steht im Innenhof des Gemeindebaus in der Franklinstraße, unweit des Franz-Jonas-Platzes. Beim Gespräch im Hof sagt sie: "Ich wohne hier seit 55 Jahren - aber so wie jetzt war es noch nie. Früher hat man sich gegrüßt, heute herrscht Angst. Eine Großfamilie mit sechs Kindern sorgt für Ärger bei den Bewohnern.
"Die Kinder steigen auf meinen Radkasten, schlagen mit Eisenstangen darauf. Wenn er kaputt ist, muss ich’s zahlen", erzählt die 62-Jährige.
Als Brigitte R. die Kinder aufforderte, aufzuhören, stürmte deren Mutter wutentbrannt auf sie zu. "Sie schrie, ich hätte ihre Kinder angegriffen, und drohte: 'Ich töte dich, werde dich richtig töten!'" Anschließend beschimpfte sie Brigitte R. als "Sch*-Österreicherin“** und forderte sie auf, auszuziehen, wenn ihr etwas nicht passe. Brigitte hat daraufhin Anzeige erstattet, doch: „Polizei, Wiener Wohnen und Wohnpartner - alle wissen Bescheid, aber niemand tut etwas." Trotzdem will sie nicht weg: "Ich war zuerst hier. Aber lebenswert ist es nicht mehr."
Der Innenhof des Gemeindebaus in der Franklinstraße - eigentlich ein Ort, an dem Kinder spielen und Nachbarn plaudern sollten - ist zum Brennpunkt geworden. Die Beschwerden der Bewohner richten sich immer wieder gegen dieselbe Großfamilie mit sechs Kindern. Niemand dort gehe einer Arbeit nach, erzählen Anrainer, stattdessen dominiere die Familie das Haus.
"Sie benehmen sich, als gehöre ihnen alles", sagt Pej M. man M. (50), Musiker. "Wenn man sie freundlich bittet, leiser zu sein, wird man sofort beschimpft oder bedroht." Der 50-Jährige erinnert sich an einen Satz, der ihm im Gedächtnis geblieben ist: "Schau, der Alte ist wieder da!' - so reden die Kinder mit Erwachsenen." Der Vater, sagen viele, sei bei jedem Konflikt sofort aggressiv. "Man kann hier kaum mehr atmen, ohne dass es Streit gibt."
Als "Heute" mit den Anrainern vor Ort spricht, spitzt sich die Situation zu. Der Vater der Großfamilie geht durch den Innenhof, beobachtet das Gespräch aus wenigen Metern Entfernung, verschränkt die Arme, mustert jeden Blick. Es ist, als wolle er zeigen, wer hier das Sagen hat.
Als ein Nachbar an ihm vorbeigeht, faucht er ihn an, tritt einen Schritt näher, droht. Die Stimmung kippt in Sekunden. "So ist es immer", sagt Brigitte später. "Sobald man was sagt, wird man eingeschüchtert."
FPÖ-Wohnombudsmann Michael Niegl kennt solche Fälle - doch die Franklinstraße ist für ihn besonders alarmierend. "Hier versagen Wiener Wohnen und Polizei auf ganzer Linie", sagt er. "Wenn Nachbarn bedroht und beleidigt werden, darf man nicht länger zuschauen."
Niegl fordert eine klare Linie: "Die Hausordnung gilt für alle. Wer ständig stört, droht oder angreift, muss mit Konsequenzen rechnen - bis hin zur Delogierung." Wiener Wohnen müsse endlich handeln: "Die Menschen brauchen Schutz, keine Hotline."
Wiener Wohnen bestätigt, dass es in der Franklinstraße mehrere wechselseitige Beschwerden gegeben hat - unter anderem wegen Lärm, Türen schlagen, lauter Musik, Beschimpfungen und Bedrohungen. Eine Mieterin habe sich über eine benachbarte Familie beschwert, gleichzeitig habe sich eine andere Partei über das angeblich aggressive Verhalten dieser Mieterin beklagt. Ob es sich bei der Familie um eine Großfamilie handelt, sei Wiener Wohnen nicht bekannt.
Das Nachbarschaftsservice wohnpartner habe wiederholt versucht, mit den Beteiligten Gespräche zu führen und zu vermitteln. "Eine nachhaltige Bearbeitung war jedoch nicht möglich, da entweder die Beschwerdeführer*innen nicht erreichbar waren oder keine Vermittlung gewünscht wurde", heißt es. Als im September 2025 eine Partei gesprächsbereit war, habe die andere nicht kontaktiert werden können - der Fall sei daher wieder abgeschlossen worden.
Grundsätzlich würden bei wiederholten Konflikten abgestufte Maßnahmen gesetzt - von Gesprächen und Mediation über schriftliche Verwarnungen bis hin zu einer gerichtlichen Aufkündigung des Mietverhältnisses als letztes Mittel. "Dies ist allerdings nur möglich, wenn ein unleidliches Verhalten nachweislich vorliegt und durch mehrere Mieter*innen bezeugt wird - was hier nicht der Fall ist", betont Wiener Wohnen. Ziel sei es, "ein respektvolles Miteinander im Gemeindebau zu sichern".
Die Bewohner hoffen auf Veränderung, doch Vertrauen haben sie kaum noch. "Wir wollen keinen Streit", sagt Pejman. "Aber hier herrscht Angst - und die wird jeden Tag größer."