Streit im Gemeindebau

"Jeden Tag 12 Stunden Lärm" – Mieter jetzt gekündigt

Marco und Petra B. sind im August 2024 in ihre Gemeindewohnung gezogen. Seit Monaten kämpfen sie gegen anhaltenden Lärm. Jetzt sollen sie ausziehen.
Aram Ghadimi
14.08.2025, 05:15
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Es ist eine kleine Nachricht, mit großer Schockwirkung: "Gestern, am Dienstag, kam über die ID-Austria die gerichtliche Aufkündigung unseres Mietvertrags", sagt Marco B. zu "Heute". Anfang Juli hatten sich B. und seine Frau an "Heute" gewandt – "nervlich völlig am Ende".

Vor rund einem Jahr waren die beiden in einen Gemeindebau in Pottenstein gezogen – "klassisch, 70er-Jahre Betonplatten", wie B. erzählt. Jetzt liegt "Heute" die Klage der Gemeinde vor. Darin wird dem Paar "grob rücksichtsloses Verhalten" vorgeworfen. Dabei waren es Marco und Petra B., die in unzähligen E-Mails, Briefen und Telefonaten darauf verwiesen, dass die Situation in ihrer Gemeindewohnung unerträglich geworden ist.

"Durch das ständige laute Trampeln kann ich keine Nacht mehr schlafen", sagt Petra B. Und ihr Partner ergänzt, ohne seinen Zynismus zu verbergen: "Der erste und einzige Tag bisher, ohne Trampeln, war der 7. August. Weder die Hausverwaltung, noch der Bürgermeister, noch sonst irgendeine Stelle hat uns bisher geholfen." Tatsächlich sei es aber, nachdem "Heute" im Juli berichtet hatte, etwas besser geworden.

"Schon am ersten Tag in der neuen Wohnung gab es Schreie über uns", erinnert sich Marco B. und erzählt, wie er damals versuchte, die Nachbarn schräg oben zu unterstützen. Das sei der Beginn der Auseinandersetzung mit den Nachbarn im vierten Stock gewesen. Auf das kurze Intermezzo am Flur folgt ein monatelanger Streit – und "Terror", wie B. sagt.

Terror mit Holzschuhen

"Herr K., der mit seiner Frau über uns wohnt, hat sich offenbar Holzschuhe angezogen. Das laute Trampeln geht oft zwölf Stunden am Tag. Es ist unerträglich", fasst es Marco B. zusammen. Dann ergänzt B. noch: "Meine Partnerin, die mit einer bipolaren Störung und depressiven Episoden zu kämpfen hat, muss deshalb Beruhigungsmittel nehmen. Doch, egal was wir machen, die Hausverwaltung glaubt uns nicht. Das ist absurd."

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„Es wird jetzt einen Gerichtsprozess geben. Unsere Aufkündigung haben wir nicht grundlos ausgesprochen.“
Monika LetićGeschäftsführerin Pottensteiner Kommunalbetriebs GmbH

"Wir machen das nicht nur für uns", erklärt Marco B. "Auch unsere Vormieterin wurde schikaniert." Ein Schreiben ihres Bruders, das B. sich geben ließ, beweise das: "Die Nachbarn über uns haben bereits vier andere Familien sekkiert. Außer uns wehrt sich aber niemand mehr. Alle haben Angst", ist er sich sicher. "Wir sind eben anders. Wir kämpfen für unsere Rechte."

Hausverwaltung sieht Grenze erreicht

"Heute" wollte von Monika Letić, der Geschäftsführerin der Pottensteiner Kommunalbetriebs GmbH (PKG), wissen, was sie dazu bewegt hat, Familie B. per Klage zu kündigen. Schon im Juli hatte Letić klargestellt: "Grundsätzlich ist die Hausverwaltung nicht verpflichtet, bei Nachbarschaftsstreitigkeiten zu handeln." Aus der Sicht der PKG seien die ständigen Einwände von Familie B. nicht nachvollziehbar.

Letić stellt dazu klar: "Als Gemeinde haben wir sowieso schon die strengsten Vorgaben. Wir sind sozial und auf das Gemeinwohl ausgerichtet." Im vorliegenden Fall läge das Problem aber bei den Mietern selbst. Fast täglich kämen Mails von Familie B., doch "egal wie sehr wir dem nachkommen, die Flut an Beschwerden geht einfach weiter."

Im Juli hieß es seitens der PKG, dass es Mietern freistünde, bei Lärmbelästigung rechtliche Schritte einzuleiten: "Dies ist nicht Aufgabe der Hausverwaltung", sagte Letić. Jetzt hat die Hausverwaltung offenbar doch den Rechtsweg gewählt – aber nicht gegen die Nachbarn, sondern gegen Familie B.

"Ich bin erst seit Juli Geschäftsführerin, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt", sagt Letić und klingt frustriert: "Ja, es wird jetzt einen Prozess gaben. Unsere Aufkündigung haben wir nicht grundlos ausgesprochen", sagt sie. "Wir mussten jetzt reagieren. Familie B. hat sich sicherlich nicht wie vorbildliche Mieter verhalten", hält Letić fest. Jetzt sei die Grenze erreicht. Weitere Details möchte sie im laufenden Verfahren keine nennen.

"Haben nichts falsch gemacht"

Für Marco B. steht fest: "Wir haben nichts falsch gemacht. Wir bestehen einfach nur auf unsere Rechte." Der umfangreiche Schriftverkehr, der auch "Heute" vorliegt, sagt B., beweise das. Mit minutiösen, teils seitenlangen Schilderungen der Problematik, habe er versucht, die Gemeinde zu Schritten gegen die Nachbarn zu bewegen.

Doch: "Die Gemeinde glaubt weiterhin nicht, dass wir an Lärm leiden. Den Schallschutz, den wir eingereicht haben, mit einem Kostenvoranschlag über 17.000 Euro, haben sie uns trotzdem genehmigt. Uns wurde ein weiterer Gesprächstermin in ein paar Tagen angeboten. Gleichzeitig klagt die Gemeinde. Das ist doch Wahnsinn."

Gesprächstermin trotz Klage

"Ja, der Gesprächstermin steht noch", bestätigt PKG-Geschäftsführerin Letić auf Nachfrage. Auf die Frage, warum die PKG ihre Mieter zu einem Gespräch lädt, während gleichzeitig Klage erhoben wurde, sagt Letić nur: "Man kann sich auch immer außergerichtlich einigen."

Zurück im Gemeindebau: Marco und Petra B. warten noch auf die Zustellung der Klage per Post, wollen aber nicht einfach ausziehen: "Wir haben einen unbefristeten Mietvertrag. Natürlich werden wir das bestreiten, das ist eine Frage der Gerechtigkeit!"

{title && {title} } agh, {title && {title} } 14.08.2025, 05:15
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