Mit der Benennung eines Gemeindebaus in der Seestadt setzt die Stadt Wien nun ein starkes Zeichen gegen das Vergessen: Das Wohnhaus in der Mela-Köhler-Gasse 7 heißt ab sofort Lotte-Brainin-Hof – benannt nach der Widerstandskämpferin, die das grausame NS-Regime und mehrere Konzentrationslager überlebte.
Bei der feierlichen Enthüllung waren neben Bürgermeister Michael Ludwig (SP) auch Vizebürgermeisterin und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál (SP), Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler sowie Donaustadt-Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy (SP) mit dabei. Auch die Familie von Lotte Brainin und Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, eine enge Wegbegleiterin der Geehrten, nahmen teil. Jelinek war Lotte Brainin sehr verbunden und ihr ist ein wesentlicher Impuls für die Namensgebung zu verdanken.
"Sich für Menschenwürde, gegen Hass, Hetze, Krieg und gegen ein barbarisches Regime einzusetzen, ist heute ebenso wichtig wie damals. Umso bedeutsamer sind Persönlichkeiten wie Lotte Brainin, die dem menschenverachtenden Nationalsozialismus mutig Widerstand geleistet haben. Sie überlebte Folter und Konzentrationslager, ihr gelang die Flucht aus dem KZ – und sie bewahrte sich ihre Haltung und ihren Einsatz für Menschlichkeit. Lotte Brainin verdient unsere höchste Anerkennung", so Bürgermeister Michael Ludwig.
Lotte Brainin, 1920 in Wien geboren, schloss sich früh der sozialistischen Jugend an, kämpfte gegen die Nazis, wurde verhaftet, gefoltert und ins KZ Auschwitz deportiert. Dort beteiligte sie sich am Widerstand und floh später aus dem KZ Ravensbrück. Ihr Engagement für Erinnerung und Aufklärung hielt bis zu ihrem Tod 2020 an.
"Überall kämpft Lotte Brainin als politischer Flüchtling für Österreich und seine Kultur, seine damals überfahrene, zerstückelte Kultur, die ihre besten Teile ausgespuckt hatte unter dem Tritt von Stiefeln", so Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek anlässlich der Namensgebung.
Der Lotte-Brainin-Hof steht modernes Leben im Gemeindebau. 76 flexible Wohnungen mit nachhaltiger Bauweise, großer Balkonfläche und direkter U-Bahn-Anbindung setzen neue Maßstäbe. Auch das Thema Erinnerung wird aktiv gelebt: Mit der Plattform "niemals vergessen" erinnert Wiener Wohnen an die Vertreibung jüdischer Mieter während der NS-Zeit und bietet Führungen durch betroffene Bezirke an. Schon 65 Orte in der Seestadt tragen Frauennamen – mit Lotte Brainin ist nun eine besonders mutige darunter.