Auch in der Landeshauptstadt St. Pölten klafft ein großes Finanzloch. Das Einsparungsziel für das kommende Budget seien laut Rathausangaben rund elf Millionen Euro. Die Opposition tobt – auch wegen der Vorgehensweise der SPÖ.
Schon im laufenden Jahr sollen jedenfalls Millionen eingespart werden: Etwa bei Subventionen für die politische Arbeit aller Fraktionen (150.000 €), aber auch Kürzungen beim Straßenbau und das Verschieben oder Streichen großer Bauprojekte werden angedacht. "Nun geht es darum, auch unangenehme Diskussionen über einzelne Bereiche, die uns allen wichtig sind, zu führen – vom Friedhof bis zum Bad", so Bürgermeister Matthias Stadler (SP).
"Was es braucht, ist Klarheit, Mut zur Veränderung und den Willen, Verantwortung zu übernehmen. Genau diesen Weg gehen wir in St. Pölten – gemeinsam und mit einem zuversichtlichen Blick in die Zukunft", so Stadler weiter.
Für Irritationen sorgt aber ein Papier (liegt "Heute" vor) mit Einsparungspunkten, die die Opposition ankreuzen soll: Auf der Einnahmenseite etwa eine Tariferhöhung für Kinder-Nachmittagsbetreuung oder für Kurzparkzonen. Bei den Ausgaben könnte man das Projekt Traglufthalle im Citysplash streichen, kaputte Spielgeräte nicht ersetzen, den Ausstieg aus dem Nextbike-System, die Streichung des LUP-Sonntagsbetriebs und der Anrufsammeltaxis andenken.
Laut dem internen Papier gibt es auch die "Möglichkeit zur flexibleren Dienstplangestaltung", also Einsparungspotential beim Personal in der Aqua City bzw. dem Citysplash. Beim LUP-Bus könnte man eine Reduktion des Taktes ab 20 Uhr einführen. Die Ausgabe der Wickelrucksäcke könnte eingestellt werden. Bis ins kleinste Detail werden Maßnahmen angeführt: So etwa die Streichung von Kaffee und Tee für Mitarbeiter im Bürgerservice ("Muss wieder selbst gekauft werden"). Weiters könnte die Beratungsstelle für Alkoholprobleme geschlossen werden.
Tabus gibt es in dem Papier keine: Auch die Kürzung von Subventionen, etwa bei der Jugendarbeit, ist auswählbar. Aber auch Reduktionen beim Marketing (Tourismus, Wirtschaft) werden angeführt.
"Schluss mit den Millionen-Ausgaben für dubiose Kunst und dem über 20 Millionen Euro teuren SPÖ-Prestigeprojekt autofreier Promenadenring", kritisiert FP-Stadtrat Klaus Otzelberger. Dank fragwürdiger Millionen-Kunstprojekte wie Tangente, Kinderkunstlabor und der Domplatz-Betonwüste habe die nö. Landeshauptstadt nun ein Budgetloch von 216 Mio. Euro.
VP-Vizebürgermeister Matthias Adl kritisiert: "Schon die Vorgehensweise der SPÖ beweist, dass man die Opposition nur als Feigenblatt missbraucht."
"Über Jahre hinweg hat die SPÖ beim Geldausgeben nicht nach links und nach rechts geschaut und mir ihrer absoluten Mehrheit alles in dieser Stadt nach ihren Vorstellungen geregelt. Jetzt, nachdem sogar die Aufsichtsbehörde festgestellt hat, dass die Warnungen der Opposition vor dem finanziellen Kollaps der Stadt stimmen, will man sich aus der Verantwortung stehlen und die Konsequenzen dieser Finanzmisere für die Bürgerinnen und Bürger im Gemeinderat vergemeinschaften", werden VP-Vizebürgermeister Matthias Adl, FPÖ-Stadtrat Klaus Otzelberger, Grünen-Finanzsprecher und Gemeinderat Paul Purgina sowie NEOS-Gemeinderat Niko Formanek in einer gemeinsamen Aussendung zitiert.
Eine aktive Teilnahme an den "Schein-Gesprächen" zur Konsolidierung werde geschlossen abgelehnt.
Der Plan der SPÖ war, dass ab Anfang Juni die politische Steuerungsgruppe mit Mandataren aus allen im Gemeinderat vertretenen Parteien tagt.
"Immer nur Verantwortung übernehmen zu wollen, wenn es gerade passt, ist nicht mein Verständnis von Politik", reagierte Montagabend Bürgermeister Stadler via Aussendung auf die Nicht-Teilnahme der Opposition an den schmerzhaften Konsolidierungsgesprächen. "Im Gegensatz zu den Grünen, die ernsthaftes Interesse an der Stadt und der Weiterentwicklung zeigen, sieht man bei den schwarz blauen Landeskoaltionsparteien mit ihrer kurzfristigen Absage sehr gut, worum es ihnen wirklich geht – und das ist nicht die Stadt, sondern politisches Kleingeld."
"Die Verfehlung der alten Bundesregierung müssen nun die Kommunen schultern. Was Teuerung und Inflation betrifft, war Österreich leider lange Zeit an der EU-Spitze zu finden. Nahezu jede zweite Gemeinde im Land muss mit einem Defizit rechnen", so Vizebürgermeister Harald Ludwig. "Die Landeskoalition aus VP und FP, die die Kommunen mit ihren Umlagen in diese Situation bringt, verweigert die Zusammenarbeit. Vielleicht sollten sich manche Mandatar*innen überlegen, was es heißt gewählter Mandatar der Landeshauptstadt zu sein und dass es darum, geht Verantwortung für die Stadt zu übernehmen und das Mandat nicht als reines Sprungbrett für höhere Weihen im Land zu sehen", so Ludwig in einer Aussendung.