Klimaschutz

Ohrenbetäubende Ölsuche im Meer bedroht Wale

Shell sucht mit Schallkanonen vor Argentinien und Südafrika nach Öl. Greenpeace warnt vor Katastrophe. Wale leiden besonders.

Lydia Matzka-Saboi
Teilen
Orca-Wale vor der Küste von North Island, Neuseeland. Ölkonzerne wie Shell wollen nach neuen Ölquellen suchen und gefährden mit den seismischen Untersuchungen das Überleben vieler Meerestiere.
Orca-Wale vor der Küste von North Island, Neuseeland. Ölkonzerne wie Shell wollen nach neuen Ölquellen suchen und gefährden mit den seismischen Untersuchungen das Überleben vieler Meerestiere.
© Robert Marc Lehmann / Greenpeace

Die Klimakrise schreitet voran - und trotzdem sucht die Ölindustrie weiter nach neuen Öl - und Gasvorkommen. Dabei stoßen sie immer weiter in bisher unangetastete Meeresregionen vor. Diese sind allerdings der Lebensraum von unzähligen Tieren. Bereits die Suche nach neuen Ölfeldern bedroht Wale und andere Meerestiere. Greenpeace kämpft aktuell an zwei Fronten - in Argentinien und Südafrika - gegen die katastrophalen Ölbohrpläne von Shell und für den Schutz der dortigen Wale und anderer Meerestiere.

Die Ölindustrie setzt sogenannte seismische Untersuchungen ein, um herauszufinden, wo sich Ölquellen in den Meeren befinden. Komprimierte Luft wird durch das Wasser auf den Meeresgrund gefeuert, das zurückgeworfene "Echo" enthält Informationen über Öl und Gas im Boden.

Luftkanonen - so laut wie eine Weltraumrakete

Die dafür benötigte Lautstärke ist enorm: Im Wasser beträgt sie 259 Dezibel, über Wasser würde sie von Menschen als achtmal so laut empfunden wie ein Düsenjet beim Abheben, oder so laut wie eine Weltraumrakete. Dieser Lärm wird alle zehn Sekunden rund um die Uhr für mehrere Monate verursacht - ein Horrorszenario für Wale, die Schall nutzen, um miteinander zu kommunizieren, sich zu orientieren und um auf Nahrungssuche zu gehen.

 Lesen Sie auch Bedrohte Arten auf Rekordniveau >>>

"Für Meerestiere wie Wale sind seismische Untersuchungen eine Katastrophe. Die Schallkanonen können ihr Gehör schädigen und somit ihre Nahrungssuche, Tauch- und Migrationsmuster stören. Wale können dadurch stranden und sterben. Doch die Ölindustrie kennt hier aber kein Tabu und will mit allen Mitteln diese hochriskanten Pläne umsetzen", sagt Lukas Meus, Meeresexperte bei Greenpeace in Österreich.

1/4
Gehe zur Galerie
    Ein schwimmender Buckelwal vor der Küste von Tonga.
    Ein schwimmender Buckelwal vor der Küste von Tonga.
    © Greenpeace / Paul Hilton

    Argentiniens Wale in Gefahr

    Die Gewässer vor Argentinien sind wichtige Nahrungs- und Wanderungsgebiete für einzigartige Meerestiere: Hier leben Orcas, der südliche Glattwal, Delfine, Pinguine, Seelöwen und Seeelefanten. Ein Gebiet wurde sogar als mögliches Meeresschutzgebiet identifiziert. Doch die Ölindustrie könnte das alles vernichten.

    Ölkonzerne wollen dort nach neuen Ölquellen suchen und gefährden mit den seismischen Untersuchungen das Überleben vieler Meerestiere. Zwischen 2017 und 2019 wurden Genehmigungen für die Luftkanonen in mehr als eine Millionen Quadratkilometer der argentinischen Meere bis zum Jahr 2025 erteilt.

    Greenpeace ist vor Ort gegen die geplanten Ölförderungen im Einsatz und hat ein Bedrohungs-Szenario nachgestellt. Zu diesem Zweck wurden die normalen Bedingungen des argentinischen Meeres je nach Jahreszeit herangezogen, darunter Temperatur, Strömungen und Wellen. Das Modell zeigt das Ausmaß einer potenziellen Ölpest nach einem Unfall in dem Gebiet: Ein Ölunfall ist zu 100% wahrscheinlich. Ein großer Ölaustritt würde das Meer über hunderte Kilometer verschmutzen - eine Katastrophe für die Wale in dieser Region.

    Shell bedroht Wale an südafrikanischer Küste

    An der Küste Südafrikas findet man die "Wild Coast" - kilometerlange blaue Wildnis, Meeresschutzgebiete und Hotspot für viele Meerestiere wie Gemeine Delfine. Auch Buckelwale sind dort Zuhause. Sie kommen von ihren Futterplätzen in den kalten Gewässern rund um die Antarktis und wandern bis an die Ostküste Afrikas nach Somalia, um dort zu gebären und sich zu paaren.

    Doch diese Region ist akut bedroht: Der Ölkonzern Shell will in den nächsten vier bis fünf Monaten vor Ort nach Öl suchen - mit den katastrophalen Folgen für die Wale und andere Meerestiere. Umweltschutzorganisationen haben daher einen Eilantrag vor Gericht gegen die seismischen Untersuchungen eingebracht. Hunderte Aktivisten protestierten am vergangenen Wochenende gegen die Pläne von Shell. Trotzdem wurde der Eilantrag nun abgewiesen. Shell kann somit jederzeit mit den Schallkanonen auf die Suche nach Ölquellen gehen.

    "Ölkonzerne müssen ein für alle Mal verstehen, dass fossile Energien ein Relikt der Vergangenheit sind. Für den Klimaschutz, als auch für den Schutz der Wale müssen die Ölkonzerne ihre Pläne vor den Küsten Argentiniens und Südafrikas sofort aufgeben", sagt Greenpeace-Experte Meus. Greenpeace fordert einen sofortigen Stopp der Ölbohr-Pläne von Shell und den anderen dort tätigen Öl-Konzernen.