Karl Nehammer ist mit der Regierungsbildung offiziell gescheitert. Eine Einigung mit der SPÖ sei "in wesentlichen Kernpunkten nicht möglich, so hat es keinen Sinn für eine positive Zukunft in Österreich", erklärte der ÖVP-Chef in einer kurzen Stellungnahme. Auf X verkündete er in einer emotionalen Videobotschaft seinen Rücktritt als Parteiobmann und Bundeskanzler: "Es war mir eine außergewöhnliche Ehre, der Republik Österreich zu dienen."
Der Rückzug Nehammers stürzt die ÖVP nun immer weiter in die Krise. Am Sonntagvormittag um 10 Uhr wird der Parteivorstand im Bundeskanzleramt über das weitere Vorgehen beraten.
Hauptthema wird hier wohl die Nachfolge des zurückgetretenen Parteichefs sein. Laut "Heute"-Informationen könnten Wirtschaftskammer-General Wolfgang Hattmansdorfer, VPNÖ-Klubobmann Jochen Danninger oder NÖ-Landesvize Stephan Pernkopf nachfolgen. Die ersten Wettanbieter in Österreich haben bereits ihre Quoten auf den Nehammer-Nachfolger festgelegt. Laut "Interwetten" ist Wolfgang Hattmansdorfer mit einer Quote von 4.00 der Favorit.
Nach der Krisensitzung im Kanzleramt wird sich Nehammer dem Vernehmen nach in die Präsidentschaftskanzlei zu Alexander Van der Bellen begeben und den ihm erteilten Regierungsbildungsauftrag zurücklegen.
Das Staatsoberhaupt soll am Sonntag auch FPÖ-Chef Herbert Kickl in die Hofburg zitieren. Im Laufe des Tages sei mit einem Pressestatement zu rechnen, wie es auf "Heute"-Nachfrage aus der Präsidentschaftskanzlei hieß. Weiters dürfte der Bundespräsident der Bevölkerung erklären, wie es aus seiner Sicht mit einer neuen Regierung weitergehen soll.
In den Hinterzimmern der ÖVP dürfte jedenfalls die Entscheidung gefallen sein, die Weichen Richtung Verhandlungen mit der Kickl-FPÖ als Junior-Partner zu führen. Im Parteivorstand wird die Partei also einen Obmann suchen, der dazu bereit wäre, als Vizekanzler einer Kickl-Regierung zur Verfügung zu stehen. Wohl aus diesem Grund hat Ex-Kanzler Sebastian Kurz angewunken – er würde die ÖVP in einer Wahlauseinandersetzung auf Platz 1 führen wollen.
Derzeit läuft es aufgrund des Umfragen-Höhenflugs der Blauen und der angespannten finanziellen Situation der Volkspartei aber nicht auf einen erneuten Urnengang hinaus.