Österreich hat ein Alkoholproblem. Eine von sechs Personen in Österreich trinkt Alkohol in einem problematischen Ausmaß, heißt es in einer aktuellen Aussendung der Landesgesundheitsagentur Niederösterreich.
Das sind mindestens eine Million Menschen, die aktuell durch ihren Alkoholkonsum massiv gefährdet sind, heißt es seitens des Landes. Wer abhängig ist, dessen Lebenserwartung verkürzt sich um 20 bis 25 Jahre, legen aktuelle Studien nahe.
„65.000 Menschen in Niederösterreich sind alkoholabhängig.“Ludwig SchleritzkoLandesgesundheitsagentur Niederösterreich
Das hat aber noch niemanden vom Trinken abgehalten. "Rund 15 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher trinken Alkohol in einem problematischen Ausmaß", sagt Landesrat Ludwig Schleritzko. Alleine in Niederösterreich seien 65.000 Menschen alkoholabhängig.
Die gesundheitlichen Schäden für die Betroffenen, aber auch der volkswirtschaftliche Schaden durch Alkohol ist enorm. Schon 2011 bezifferte das Institut für Höhere Studien (IHS) die Kosten für den Staat mit einer dreiviertel Milliarde Euro. Wichtiges Detail: Durch die verringerte Lebenserwartung profitiert niemand, weil die Kosten für den Staat durch die begleitenden Krankheiten zigfach höher sind.
Die individuellen Schäden durch Bier, Wein und Co. sind nicht ohne: Denn die schleichenden Wirkungen dieses "Lösungsmittels", das mühelos durch Zellwände diffundiert, sind vielfältig. Sie reichen von der klassischen Leberzirrhose, bei der die Leber entzündet ist und zunehmend verfettet, bis zu neurologische Erkrankungen, da Alkohol ein Nervengift ist. Wir würden keinen Rausch bemerken, wenn das nicht so wäre. Als Tumorwachstumsfaktor fördert Alkohol die Bildung von Krebs und als systemisches Gift, das man beim Trinken im Blut hat, wird das Herz angegriffen. Alkohol wirkt sogar auf die Hormone.
"Wir müssen uns als Gesellschaft stärker mit den Risiken des Alkoholkonsums auseinandersetzen", fordert Schleritzko vor diesem Hintergrund. Im Rahmen der "Dialogwoche Alkohol", die noch bis 11. Mai läuft, lud er zusammen mit Primarius Dr. Christian Korbel zu einer Pressekonferenz ins Landesklinikum Mauer.
Wer verantwortungsvoll mit Alkohol umgehen möchte, sollte diese Formel kennen
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2 Tage pro Woche kein Alkohol
2 Wochen pro Halbjahr kein Alkohol
2 Monate während des Jahres kein Alkohol
2 alkoholhaltige Getränke maximal pro Tag
2 Personen sind das Minimum beim Alkoholkonsum (gemeinsam statt einsam)
Korbel ist der ärztliche Direktor des Klinikums und Leiter der Abteilung für Abhängigkeitserkrankungen. Auch sein Ziel sei es, den gesellschaftlichen Fokus auf Prävention zu lenken, denn: "Prävention wirkt", ist Korbel sicher. Sie beginne mit einer frühzeitigen Aufklärung und der Bereitstellung von Informationen, die Menschen helfen, ihr Verhalten zu reflektieren.
Vergangenes Jahr suchten 538 Personen das Klinikum in Mauer wegen einer Alkoholkonsumstörung auf, 200 von ihnen mussten stationär aufgenommen werden. Für diese Personen gäbe es eine umfassende und moderne Behandlung auf höchstem fachlichem Standard. Man setze auf einen integrativen Ansatz, der medizinische wie auch psychologische Unterstützung beinhalte, sagt Korbel. Zuletzt wurden auch die tagesklinischen Plätze ergänzt: Zu den sechs bestehenden, kamen 2024 weitere sechs dazu.
Welchem massiven Problem Korbel und auch das österreichische Gesundheitssystem insgesamt gegenüberstehen, verdeutlicht ein weiterer Blick in die IHS-Studie. So wie die Wirkungen auf den Körper sind auch "Volkswirtschaftliche Effekte der Alkoholkrankheit" (Titel) umfassend.
Über 6 Millionen Euro beim Krankengeld, 8 Millionen Euro beim Pflegegeld, 23 Millionen bei Invaliditätspensionen, listet das IHS auf. Doch der bei weitem größte Kostenfaktor ist der Produktivitätsausfall: Erhöhte Krankenstände, Frühpensionierungen und die frühere Sterblichkeit belasten den Staat mit weiteren 441,7 Millionen Euro.
Daran hat sich seit dem Erscheinen der Studie wenig geändert. 2011 lag der tägliche Alkoholkonsum der österreichischen Bevölkerung bei 26,4 Gramm reinem Alkohol am Tag. Im gesamten letzten Jahrzehnt lager er immer bei etwa 25 Gramm.