Es klingt wie aus einem Science-Fiction-Film: Ein Tunnel unter der Beringstraße soll Russland und Alaska verbinden – und damit zwei Weltmächte näher zusammenbringen. Der Vorschlag kam vom Leiter des staatlichen russischen Investmentfonds (RDIF) Kirill Dmitriev, einem engen Vertrauten von Präsident Wladimir Putin, und platzte mitten in das Treffen Trumps mit Selenski am Freitag.
In seinem auf X unterbreiteten Vorschlag verlinkte Dmitriev dabei keinen Geringeren als Elon Musk persönlich. Dessen Tunnelbaufirma "The Boring Company" soll den 112 Kilometer langen "Putin-Trump-Tunnel" graben. Dank Musks Technologie soll das Ganze angeblich "nur" 8 Milliarden statt 65 Milliarden Dollar kosten.
Zur Untermauerung, dass die Idee nicht ganz aus der Luft gegriffen ist, fügte er auch eine Skizze hinzu, die zeigen soll, dass die Idee bereits zu Zeiten des auch von Trump geschätzten demokratischen Präsidenten John F. Kennedy bereits als "Friedensbrücke" Thema war.
Dass der komplett unrealistische Vorschlag aus heiterem Himmel unmittelbar vor dem Treffen von Trump mit Selenski gepostet wird, scheint kein Zufall zu sein. Der ukrainische Präsident hatte bei seinem Treffen mit Trump eigentlich darauf gehofft, die Freigabe für den Einsatz US-amerikanischer Tomahawk-Marschflugkörper für Angriffe im russischen Hinterland zu erhalten – ein Alptraum für den russischen Präsidenten Putin.
Dieser kam dem Treffen am Freitag daher mit einem Anruf bei Trump zuvor, um seine Sicht der Dinge vorzubringen – und das offenbar mit großem Erfolg. Laut Insider sei es beim Treffen Selenskis mit Trump nicht mehr um Marschflugkörper gegangen – stattdessen soll es sogar zu einem Schreiduell gekommen sein, in dem Trump 1:1 Argumente Putins gegen Selenski vorbrachte – und den ukrainischen Präsidenten zur freiwilligen Aufgabe der Ostukraine drängte.
Dem nicht genug, sprach bei der anschließenden Pressekonferenz eine Reporterin den Präsidenten sofort auf den merkwürdigen Vorschlag auf X an, woraufhin Trump antwortete, er halte die Idee für "interessant", Nachsatz: "Wir sollten darüber nachdenken. Ich habe noch nicht davon gehört".
Danach drehte sich Trump grinsend in Richtung Selenski und meinte: "Ich glaube nicht, dass es ihnen gefallen wird! Ich glaube nicht, dass es ihm gefällt!"
Der Bau eines solchen Tunnes würde auf enorme Schwierigkeiten stoßen. Neben der 112 Kilometer lange Strecke unter dem Meeresgrund wären auch hunderte weitere Kilometer Autobahnneubau auf dem Festland durch erdbebengefährdetes Gebiet mit Permafrostboden nötig, womit selbst 65 Milliarden Dollar bei weitem nicht ausreichen würden.
Inklusive Zubringerstrecken würde der Bau nach groben Schätzungen auf mindestens 150 bis 250 Milliarden Dollar Baukosten kommen – wobei der wirtschaftliche Nutzen äußerst fragwürdig bleibt: Es gibt kaum Handel zwischen den beiden Regionen, die kaum bewohnt sind. Selbst bei einem vollständigen Autobahnausbau zwischen den Großstädten Los Angeles in Kalifornien und Peking in China wäre der Transport per Schiff immer noch schneller – und konkurrenzlos billiger.
Dennoch nennt Dmitriev den Tunnel als "Symbol der Einheit" zwischen Amerika und Eurasien. Und er weiß, dass er mit Elon Musk ein Gegenüber anspricht, dem keine noch so verrückte Idee verrückt genug ist. Zurück bleibt der Eindruck einer weiteren, demütigenden Spitze gegen den ukrainischen Präsidenten zur Unterstreichung der Fähigkeiten Moskaus, den US-Präsidenten um seine Finger wickeln zu können.
Wie zum Beweis postete Dmitriev danach auf seinem X-Account zufrieden dutzende internationale Medienberichte zu seinem Vorschlag, der ihn nur ein paar Sekunden Arbeit, ein Musk-Mention und einen Klick auf den "Post"-Button kostete. Trump- und Putin-freundliche Sender wie Fox News griffen die Intervention Dmitrievs dankbar auf und konfrontierten eine Reihe weiterer ahnungsloser Politiker mit dem Projekt, die davon ausgingen, dass etwas handfestes dahinter stecken müsse.
Der republikanische Senator von Indiana, Jim Banks, sagte auf Fox News etwa: "Vielleicht ist es möglich. Ich weiß es nicht (...) Aber ich bin sicher, es gibt einen Grund für diesen Vorschlag".
Übrigens: Schon Zar Nikolaus II. wollte 1905 einen Tunnel nach Alaska bauen – über 100 Jahre später geistert die Idee wieder durch die Weltpolitik.