Wien-Wahl

"Reden wir über Wien": Blümel zwischen Kaffee und Bier

Wie geht es den Wiener Betrieben mit Corona und sind die Hilfen angekommen? Das will Finanzminister Gernot Blümel (VP) im direkten Gespräch erfahren.

Louis Kraft
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    In gleich doppelter Funktion ist Gernot Blümel derzeit in ganz Wien unterwegs. Als Spitzenkandidat der ÖVP Wien will er wissen, wo den Wienern der Schuh drückt, als Finanzminister, wie die Wiener Unternehmen bisher durch die Coronakrise gekommen sind.
    In gleich doppelter Funktion ist Gernot Blümel derzeit in ganz Wien unterwegs. Als Spitzenkandidat der ÖVP Wien will er wissen, wo den Wienern der Schuh drückt, als Finanzminister, wie die Wiener Unternehmen bisher durch die Coronakrise gekommen sind.
    Denise Auer

    Im Rahmen der Sommerkampagne "Reden wir über Wien" ist Finanzminister und Spitzenkandidat für die ÖVP Wien für die Wien-Wahl am 11. Oktober, Gernot Blümel, seit Wochen in ganz Wien unterwegs, um im direkten Gespräch zu erfahren, wo den Wienern der Schuh drückt. Neben den Grätzel-Gesprächen, bei denen die Bürgerinnen und Bürger direkt mit Blümel diskutieren und Fragen stellen können, stehen dabei auch Betriebsbesuche auf dem Programm."Heute" war bei zwei Terminen – im Café "Das Cottage" in Döbling und der Ottakringer Brauerei in Ottakring – dabei.

    Bei den Besuchen geht es Blümel nicht nur um den Kontakt mit den Wienern, als Finanzminister der Türkis-Grünen Bundesregierung will er auch wissen, ob die Corona-Hilfsmaßnahmen auch dort angekommen sind, wo sie hin sollen. Antworten auf diese Fragen bekam er etwa im Café "Das Cottage" in der Silbergasse 19 (Döbling). Hier traf er, gemeinsam mit Bezirkschef Daniel Resch (ÖVP), die beiden Geschäftsführer Balázs Varga (41) und Yasin Herdem (39).

    "Nicht nur einmal habe ich mit meinem Team im Ministerium übernachtet".

    In lockerer Atmosphäre bei Kaffee aber ohne Kuchen erzählte Blümel dabei auch ganz offen, wie es ihm selbst in der Corona-Hochphase und dem Lockdown gegangen ist. Wie viele Stunden Blümel während der Corona-Hochphase und dem Lockdown im Ministerium verbracht hat, kann er nicht einmal einschätzen. "Die Zeit war schon sehr fordernd. Nicht nur einmal habe ich mit meinem Team im Ministerium übernachtet", erinnert sich Blümel.

    Verunsicherung der Mitarbeiter als größte Herausforderung

    Doch geht es nach den "Cottage"-Chefs, hat sich das wochenlange Durcharbeiten bezahlt gemacht. Sie zeigen sich mit den Maßnahmen des Bundes zufrieden. "Wir hatten zwei Monate lang, zwischen Mitte März und Mitte Mai, geschlossen. Die größte Herausforderung war für uns die Verunsicherung der Mitarbeiter. Wir versuchten in vielen Einzelgesprächen die Ängste zu nehmen", erzählt Yasin.

    Die Hälfte der 18 Mitarbeiter am Standort in Döbling (Varga und Herdem betreiben auch die beiden "Chilai" in der City und der Landstraße) wurde zur Kurzarbeit angemeldet, die andere Hälfte wurde mit dem Versprechen auf Wiedereinstellung einvernehmlich gekündigt. Mittlerweile hat sich die Kundenfrequenz erholt, liegt in etwa wieder auf dem Niveau der Zeiten vor Corona. "Dass wir überhaupt zusperren mussten, hat uns schon weh getan", so die Geschäftsführer. Wie hoch die finanziellen Einbußen durch die Sperre waren, konnten sie aber noch nicht sagen.

    "Senkung der Mehrwertsteuer war enorme Hilfe"

    Mit der Hilfe durch die Bundesregierung, vor allem dem Angebot der Kurzarbeit und der Senkung der Mehrwertsteuer auf fünf Prozent sind die Gastronomen zufrieden. "Die Beantragung der Kurzarbeit ging sehr rasch und hat gut funkioniert. Das Vertrauen in die Politik ist von unserer Seite auf jeden Fall da", so Yasin. Als "irritierend" sehen die Lokalbetreiber hingegen, dass sich die Leitlinien so oft geändert haben.

    "Für die Coronakrise gab es keine Blaupausen".

    Etwas, was auch Blümel zugesteht: "Die Coronakrise hat uns vor völlig neue Herausforderungen gestellt. Es gab keine Blaupausen, wie man damit umgehen soll, keine internationalen Vergleichsmöglichkeiten. Niemand hat sagen können, was richtig und was falsch ist. Und alles was neu ist, ist natürlich auch fehleranfällig". Dennoch habe Österreich gut und vor allem schnell reagiert. Der Herbst werde aber auch für die Gastronomie zur Nagelprobe. Dann nämlich, wenn die Gastgarten-Saison vorbei ist und die Gäste wieder in den Lokalen statt davor sitzen. Dann werde auch das Abstandhalten wieder schwieriger.

    Bisher 4,5 Milliarden Euro für Kurzarbeit ausbezahlt

    "Corona wird wohl erst dann erledigt sein, wenn es ein wirksames Medikament oder einen Impfstoff gibt. Bis dahin werden wir so gut als möglich damit leben müssen. Und auf die Maskenpflicht, das Abstandhalten und das Hände desinfizieren achten", so Blümel. Das oberste Gebot sei nun eine Verhinderung eines zweiten Lockdowns, "das wäre eine Katastrophe".

    Wie viel die Corona-Krise Österreich bisher gekostet hat, könne man laut Blümel wohl erst nächstes Jahr sagen. Fix ist, dass die Hilfspakete in einem Volumen von rund 50 Milliarden Euro enorm waren. "Wir haben alleine bei der Kurzarbeit mit einer Summe von 400 Millionen Euro gestartet, haben laufend nachgebessert", so der Finanzminister. Aktuell stehe dafür ein Budget von zehn Milliarden Euro bereit, davon wurden 4,5 Milliarden bereits ausgezahlt. Die Stundung von Steuern habe dem Bund bisher 6,5 Milliarden Euro gekostet, die Staatsgarantien für Kredite rund 6 Milliarden. 

    Das ausgeglichene Budget, auf das die Neue Volkspartei so stolz war, ging mit Corona den Bach hinunter. "Ja, die Staatsverschuldung ist auf 90 Prozent gestiegen", gibt Blümel zu. Das mache ihm aber keine Sorgen, solange es ein Einzelereignis bleibe, "strukturell darf das aber nicht werden", so der Minister. 

    Ottakringer Brauerei nicht auf "Teilverstadtlichungs-Liste"

    Durchwegs positive Erfahrungen mit der Kurzarbeit machte auch die Ottakringer Brauerei. In der 1. Phase zwischen Mitte März und Anfang Mai wurden 60 Prozent der 185 Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt, seitdem seien es 30 Prozent, so Geschäftsführer der Ottakringer Brauerei Matthias Ortner. Er sieht die Beantragung zwar als "kompliziert" an, das sei aber in Ordnung, weil das Kurzarbeitsangebot gleichzeitig auch sehr flexibel war.

    Weitere Hilfen habe die Brauerei nicht in Anspruch genommen, auch nicht bei der Einrichtung von Home Office-Plätzen. Und so wird die Ottakringer Brauerei auch in der Liste jener "rund 20 Unternehmen" fehlen, bei denen die Stadt Wien mit der neu gegründeten Beteiligungs GmbH "Stolz auf Wien" als zeitlich begrenzte Überlebenshilfe einsteigen will. Welche Unternehmen das sind, gab die Stadt Wien bisher nicht bekannt und erntete damit Kritik der ÖVP Wien, denen das alles zu langsam geht. 

    Bierverkäufe im Supermarkt ab Ostern deutlich gestiegen

    Insgesamt werde die Ottakringer Brauerei das Corona-Jahr 2020 wohl mit einem Umsatz-Einbruch von rund 20 Prozent abschließen. "In der Gastro lag das Minus bei etwa 45 Prozent, geholfen hat uns das Umsatzplus im Handel", so Ortner. Ab Ostern, als die großen Hamsterkäufe mit Klopapier und Wasser vorbei waren und die Lokale noch geschlossen waren, hätten die Menschen wieder mehr Bier im Supermarkt gekauft. "Der Zuwachs lag hier im zweistelligen Bereich", so Ortner.

    "Zuwachs im Bierverkauf im Handel lag während Lokalsperre im zweistelligen Bereich"

    Dennoch werde die Brauerei heuer in die Verlustzone kommen. "Wir überlegen gerade, wie und ob wir im letzten Quartal investieren", erzählt der Brauerei-Chef. Hier könnte dann auch das Angebot des Bundes für Investitionsförderungen und den Verlustrücktrag interessant werden. "Wenn das ein Wunschkonzert wäre, hätten wir natürlich gerne einen Verlustausgleich. Es ist aber auch klar, dass das nicht geht", so Ortner.

    Blümel kann den Wunsch sichtlich nachvollziehen, lehnt aber mit einem Schmunzeln ab: "Wir müssen die Hilfe so aufsetzen, dass die Gelder dorthin kommen, wo sie dringend gebraucht werden". Etwa in der Nacht-Gastronomie, deren Situation eine besonders schwierige sei. 

    Grätzel-Gespräche und Betriebsbesuche gehen weiter

    Nach einer schnellen Erfrischung mit einem Glas Wiener Original-Bier (bei Temperaturen jenseits der 30 Grad Celsius-Marke und nach 17 Uhr darf sich auch ein Minister im Dienst ein Seidl gönnen), ging es für Blümel weiter zu dem nächsten Termin. Wer den Finanzminister einmal live erleben will, der hat weiter Gelegenheit dazu. Blümel ist noch bis zur Wahl am 11. Oktober im Rahmen der "Reden wir über Wien"-Tour in ganz Wien unterwegs. Über die Termine wird zeitnahe auf der Webseite der ÖVP Wien informiert.